3. Therapeutische Haltung und Beziehungsgestaltung
Ging es auf der vorhergehenden Seite/Kapitel noch um einen „Informed Consent“ und die beabsichtigte Verknüpfung von GI (Gender Incongruenz) mit GD (Gender Dysphorie) so wird hier ganz deutich das es immer noch die Haltung der GID (Gender (roles) Identity Disorder) auf deutsch die Geschlechts(rollen) Identitäts Störung ist die als Basis für die Therapeutische Behandlung gesehen wird.
Im weiteren wird dann zwar auf die „Selbstreflexion“ sowohl der Behandlungssuchenden als auch der Behandelnden eingegangen, dies jedoch wird dann ausschließlich auf die Ebene der „Nichtbinären Verortung“ reduziert.
Die Draufsicht, also die Frage „in welchem Geschlecht erlebe ich als Behandler die behandlungsuchende Person“ wird zur kritischen Hinterfragung angesprochen, was jedoch gänzlich fehlt ist die Frage nach dem „Selbsterleben“ des behandlungssuchenden Menschen.
Auch hier *Zitat* Behandelnde sollten sich ein Verständnis von Geschlecht erarbeiten, das über ein Konstrukt von Zweigeschlechtlichkeit hinausgeht. *Zitatende* wird viel zu kurz nur die Abweichung einer binären Geschlechtlichkeit genannt. Viel gravierender ist jedoch gerade für Menschen mit Transsexualität (NGS) das im Verständnis von Geschlecht das Wissen eines Menschen um das eigene Geschlecht der einzige Faktor ist, der von Aussen niemals verändert werden kann. Hier wird leider auch in den wissenschaftlichen Studien aus der Neurowissenschaft (Milton Diamond, Intersex & Transsex Thematiken; „She“ ein ganz aktuelles deutschsprachiges Buch mit Zusammenfassungen auch von Milton Diamond) fälschlicherweise, mangels alternativen in der englishen Sprache vermeintlich einzige, Begriff „Gender Identity“ verwendet, obwohl etwas ganz anderes damit gemeint ist wie es die Ursprüngliche Bedeutung des Begriffes meint.
Der VTSM e.V. hat zu diesem Thema eine „Grafik zur Vielfalt der Geschlechtsmerkmale“ in deutscher Sprache herausgegeben, welcher recht einfach und klar diese Problematik aufzeigt.
Als letzte Sätze sind folgende, *Zitat*
„Die Partizipation der Behandlungssuchenden in der Planung des therapeutischen Prozesses und die Transparenz im Verlauf des therapeutischen Prozesses sollen ermöglicht werden.“
„Entscheidungen über die Notwendigkeit und die Reihenfolge der Behandlungsschritte sollen partizipativ im Sinne einer Übereinstimmung zwischen Behandlungssuchenden und Behandelnden getroffen werden. Sollte im Einzelfall eine Übereinstimmung nicht herstellbar sein, so sollten die Gründe dafür transparent dargelegt werden.“
* Zitatende*
weitere Indizien dafür das hier dem „Informed Consent“ eine deutliche Absage erteilt wird.
Als Mensch mit transsexuellem Hintergrund kann ich hier nur deutlich Protestieren, das derartige Widersprüchlich agiert wird, von Seiten der Menschen die „ihr Einkommen über die Verweigerung dieses Informed Consent erzielen!“
*zitat* Psychiatrische oder psychotherapeutische Diagnostik findet grundsätzlich stufenweise auf der Symptomebene, der Syndromebene und der nosologischen Ebene statt (Jäger 2015). Für die Symptomebene ist die Erfassung der subjektiv erlebten Beschwerden und objektiv beobachtbaren Befunde zentral, auf der Syndromebene wird die Kombination von häufig im Querschnitt zusammen auftretenden Symptomen erfasst, während auf der nosologischen Ebene die erfahrungswissenschaftlich begründete Zuordnung zu Kategorien eines Klassifikationssystems erfolgt. *zitatende*
Genau hier bestehen die Grundprobleme:
1. Aufgrund einer völlig überholten Basisannahme, konkret dem behavioristischen Menschen und Entwicklungsbild, besteht eine extreme Diskrepanz zwischen der Realität der Betroffenen in Bezug zu den „erfahrungswissenschaftlichen Methoden“ und auch den „auf falscher Basis stehenden Kategorisierungen“.
2. Es gibt keine Unterscheidung zwischen „psychosozialen Syndrom“ und „Neuro-Genitalem Syndrom (NGS)“, dies ist insbesondere deshalb so problematisch, weil alles auf die psychosoziale Ebene des Geschlechts reduziert wird und gleichzeitig die Symptome ebenfalls weitgehend relativ Gleich scheinen.
3. Symptomebene und Verbindung zur Syndromebene ist bei genauer Betrachtung und klarer Unterscheidung zwar einfach erkennbar, aber und genau hier setzt das Problem ein: die Unterscheidung der Syndrome wird durch die „Reduktion auf die psychosoziale Ebene“ unmöglich gemacht.
4. Geschlecht ist mehr wie nur „sex & gender“! → hier ergeben sich die Probleme aus der fehlenden Möglichkeit der (vor allem englischen) Sprache die als Wissenschaftssprache genutzt wird. Hierzu ist jedoch die Beachtung der Neurowissenschaften und ihrer Erkenntnisse und Thesen in Bezug auf das Geschlecht relevant, obwohl auch hier leider der „vermeintlich gleiche Begriff“ verwendet wird wie in der psychophatologisierungs Ebene. „Geschlechtsidentität“ als Begriff bzw. Wort wird in völlig unterschiedlichen Bedeutungen verwendet, die sogar konkret Entgegengesetzt sind.
Doch was ergibt sich daraus für den Diagnostikbereich?
Diagnostizierbar ist letztlich nur die „Klarheit und Orientierbarkeit des Behandlunsgsuchenden“,
ebenso kann über Fragebogen abgefragt werden wie weit jeweils ein Reflexionstand vorhanden ist.
Dies ist für den Bereich Transsexualität (NGS) völlig ausreichend, da sich die Leidensdruckthematik aus dem Dilemma der Gegensätzlichkeit von Geschlechtswissen einerseits und genitaler und gonadenbezogener Entwicklung andererseits ergibt.
Bei der Diagnostik laut der GD geht es wie man sehen kann ausschließlich um die Genderebene und damit auch um die psychosozialen Aspekte des Geschlechtes – hier wird ganz deutlich das Transsexualität (NGS) nicht Dagnostizierbar ist, ohne das sich die Behandlungssuchenden dem Weltbild und der Sichtweise der Behandler anpassen. Diese Anpassungsleistung verhindert jedoch vielfach eine Vertrauensbasis und auch eine Reflexion auf der Sachebene → dabei haben diverse „Gescheiterte Transsexuelle Menschen“ in den letzten 30-40 Jahren letztlich genau diesen Punkt als Kritisch aufgezeigt.
Die Vermischung von GD und GI wurde schon zuvor kritisiert, auch in der Diagnostik ist diese zu Kritisieren.
Zum Beispiel folgender Absatz zeigt deutlich das Transsexualität (NGS) eigentlich nur sehr bedingt in die GD/GI Diagnostik eingebunden ist:
*zitat* Das Verlangen nach körpermodifizierenden Maßnahmen ist lediglich bei zwei der sechs A-Kriterien im DSM-5 für die GD von Bedeutung, kann demzufolge vorhanden sein, muss es aber nicht, um eine GD bzw. GI diagnostizieren zu können. Es ist dabei individuell durchaus unterschiedlich, ob trans* Personen ihre Geschlechtsorgane eher als „Identitätsorgane“ oder „Sexualorgane“ oder auch als keines von beiden betrachten. *zitatende*
Für Menschen mit Transsexualität (NGS) sind die Geschlechtsorgane sowohl aufgrund der falschen „Funktionalität“ - Sexualorgan-ebene, als auch in Bezug auf die Thematik „Identitätsorgan“ welches als zwingen zum Geschlecht als ganzes richtig sein sollte und dabei die Bezugsebene „Wissen um das eigene Geschlecht im Bezug zum Geschlechtskörper“ betrifft.
Sowohl GD wie auch GI stehen viel zu sehr im Fokus der psychosozialen Ebene des Geschlechtes und beziehen sich viel zu sehr auf die „Geschlechtsidentität“ einen Begriff der absolut widersprüchlich verwendet wird.
Die sexuelle Orientierung ist ebenfalls ein sehr heikles Feld, immerhin gibt es auch heute noch Therapeuten die glauben Homosexualität aberziehen/abtherapieren zu können, auch ist zum Beispiel der Umgang mit Transsexuellen Menschen die vermeintlich „Nach der Angleichung“ Homosexuell sind ein heikles Thema, nicht selten wird zum Beispiel schwulen transsexuellen Männern empfohlen doch „Frau“ zu bleiben → als wäre Heterosexualität allein davon abhängig wie die Genitalien der beiden Sexualpartner im Verhältnis zueinander stehen, während das Wissen um das eigene Geschlecht nur einem „cisgeschlechtlichem“ Partner zugestanden wird.
Weiterhin gibt es noch das Problem mit Komorbiditäten → es wurde mittlerweile Nachgewiesen dass Transsexualität(NGS) und auch Trans*geschlechtlichkeit in Zeiten in denen dieses von Betroffenen jeweils unterdrückt wird zu Folgesymptomatiken führt. Hier liegt auch wieder eine Überschneidung der Verschiedenen Syndrome vor. Auch ist es erwiesener Maßen bekannt das es Komorbiditäten gibt wo unabhängig voneinander sowohl andere psychische Störungen (auch solche die Normalreaktionen darstellen) gleichzeitig mit Transsexualität(NGS), Trans*geschlechtlichkeit oder Intersexualität auftreten können.
Kommentar zu den Empfehlungen:
Leider wurde offensichtlich vergessen das es die Syndromebene Transsexualität (NGS) auch heute noch gibt, dadurch wird nicht nur diese Ausgeschlossen, sondern auch Menschen nach erfolgter Transition aus der Behandlung ausgeschlossen bzw. auf eine "Genderebene" dauerpsychopathologieisiert. Ganzheitliche Behanldung erfordert auch eine Anerkennung des Geschlechtes, welches etwas anderes ist wie eine "Geschlechtsidentität"!
MerleHH hat geschrieben:Öh... ich kann mir das also so vorstellen, dass Nieder Gender, also die soziale Geschlechtsidentität und Geschlechtswissen, also die neuronal bei jedem Menschen vorhandene "ich weiß was ich bin"-Entität munter durcheinanderwürfelt? Gerade Gender ist doch massiv von äußeren Faktoren abhängig, eben nicht zwingend feststehend und wird von seinen Liebhabern sonst doch auch genau so beschrieben... argh, die rücken sich das ja wirklich alles so zurecht, wie es ihnen gerade passt, ich weiß schon, warum ich grundsätzlich mit äußerster Vorsicht und Zurückhaltung reagiere, wenn ich irgendwo "DGfS" oder gar "Nieder" lese Von Wissenschaftlichkeit ist ein solches Handeln meiner Meinung nach zwar weit entfernt, aber bei einem Thema, wo Machtinteressen von Gatekeepern auf der einen Seite und sozialpädagogische Interessen von "Trans*" auf der anderen Seite stehen, darf ich als Patientin mit einer simplen körperlichen Fehlbildung wohl keine wissenschaftlich-medizinische Behandlung erwarten
Bei der Differentialdiagnostik ist ebenfalls wieder das fehlen der differenzierung der unterschiedlichen Syndrome deutlich heraus zu lesen. Als Beispiel möchte ich folgenden Satz zitieren:
*zitat* Auch der „Schweregrad“ einer GI oder GD lässt sich im Übrigen nicht an einem evtl. Operationswunsch festmachen.*zitatende*
Hier scheint die „Communitybasierte Wertungsebene“ sehr starken Einfluss auf die Behandlerebene bekommen zu haben, denn auch dort wird nicht verstanden das insbesondere aufgrund des klaren und zwingend erforderlichem „Genitalangleichungsbedürfnis“ letztlich eine andere Bezugsebene als Grundlage der Nichtübereinstimmung aufzeigt.
Transsexualität (NGS) beruht letztlich auf dem Dilemma das die vorhandenen Genitalien eben nicht dem Entsprechen was als „Stimmig in Bezug zum Erleben des Geschlechtskörpers“ erlebt wird, hier wäre auf die Thematik zu verweisen das es bei Männern mit weiblichem Geschlechtskörper ein „Phantompeniserleben“ gibt (Ramachandran Studie).
Ebenso zeigt diese Ramachandran Studie das es Trans*Frauen gibt die nach einer operativen Genitalangleichung ein solches „Phantompeniserleben“ besitzen. Obwohl diese beiden Erlebensgruppen nur in sehr kleinen Anteilen bei den Probanden der Studie vorkommen. Andere Studien die sich mit dieser Thematik beschäftigen sind mir nicht bekannt, aber diese wurde hier ganz offensichtlich nicht beachtet, möglicherweise ist sie gar nicht bekannt?
In Bezug zu dissoziative Störungen mit verschiedengeschlechtlichen Ego States, sollte immer auch der Hinweis erfolgen das hier nicht das Interesse des Behandelnden relevant ist sondern die behandlungssuchenden Menschen im Vordergrund stehen und der aktuelle Status relevant ist, nicht die Diagnose an sich.
*zitat* Der Wunsch nach Genitalmodifizierung ist zur Einschätzung des Schweregrades einer Geschlechtsdysphorie nicht geeignet. *zitatende*
Hier sollte klar werden das es nicht um den „Schweregrad“ sondern um die Syndromdifferenzierung geht!
*zitat* Es gibt keine Differentialdiagnose als Ausschlusskriterium für Geschlechtsinkongruenz und/oder Geschlechtsdysphorie. *zitatende*
Dies ist ebenso auf den Bereich des Syndroms Transsexualität (NGS) zu übertragen, bei dem es nicht um die „psychosoziale“ Genderebene geht. Hierzu nochmal der Hinweis auf die Grafik zur Vielfalt der geschlechtlichen Merkmale des VTSM e.V. : http://www.transsexuellev.de/fileadmin/ ... Grafik.pdf
Hier ist an zu merken das die Empfehlung zu „gleichzeitiger Behandlung“ unter dem Gesichtspunkt der aktuellen Vorgaben unseres Gesundheitssystems so nur sehr erschwert Zugänglich sind.
Es herrscht grundlegend die Ablehnung seitens der Krankenkassen vor zwei Psychotherapien gleichzeitig durch zu führen → da die GD/GI vermischung jedoch zumindest hierzu eine begleitende psychotherapeutische Therapieform der Begleitung fordert ist die Forderung nach „gleichzeitiger Behandlung komorbider Störungen“ somit ein Absurdum, da sie realistisch gesehen den Behandlungssuchenden nicht verfügbar ist. Eine der Psychotherapien selbst zu finanzieren ist jedoch aufgrund der vielfach ebenfalls prakären finanziellen Situation der davon Betroffenen auch nicht Möglich.
Die Prävalenzraten stellen eine allgemeine These dar, die auch für viele andere gesundheitliche Beeinträchtigungen genauso gilt, daher nur bedingte Relevanz haben. Dies wird aus dem Kontext nicht deutlich, sollte aber ebenso Erwähnung finden.
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