DocCheck News: F, M, X oder Nix – Streit um das neue Personenstandsgesetz
Seit dem 01.11.2013 werden Kinder, deren Geschlecht weder eindeutig weiblich noch eindeutig männlich ist, ohne Angabe eines Geschlechts in das Geburtenregister eingetragen. Im Reisepass eines solchen Kindes steht dann X – es steht für „unbestimmtes Geschlecht“. Die jetzige Änderung des Personenstandsgesetzes basiert auf einer Empfehlung des Ethikrats aus dem Jahr 2012. Ziel war es, Druck von Eltern und Ärzten zu nehmen, um nicht vorschnell die für das Wohl des Kindes so wichtige Entscheidung in der Geschlechterfrage zu treffen. „Für Intersexuelle bedeutet das eine große Erleichterung, für unsere Gesellschaft eine wichtige Modernisierung“, erklärte die damalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Während Politik und Medien die Änderung des Personenstandsgesetzes als faktische Anerkennung eines dritten Geschlechts feierten, zeigten sich DSD/Intersex-Verbände allerdings wenig begeistert.
„Der Druck auf Eltern, widerrechtlich in kosmetische Genitaloperationen für die betroffenen Kinder “einzuwilligen”, wird sich erhöhen“, meint Daniela Truffer, Gründungsmitglied der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org. Durch das neue Gesetz würden die oft überforderten Eltern von DSD/Intersex-Kindern laut Truffer „zusätzlich damit konfrontiert werden, dass sie bei einem “solchen Kind” nicht einmal mehr ein Geschlecht eintragen lassen dürften – es sei denn, sie willigten zuerst in eine kleine Operation ein, nachher sei eine “Zuordnung” ja problemlos möglich“. Ähnlich sieht das auch die bundesdeutsche Vertretung der Internationalen Vereinigung Intersexueller Menschen. Sie wünscht sich statt einer stigmatisierenden Sondervorschrift für DSD/Intersex-Kinder, dass der Geschlechtseintrag einfach für alle offen gelassen wird.
Das neue Gesetz wirft auch neue Probleme auf, denn bisher kennt die gesamte Rechtsordnung nur die Geschlechtskategorien Mann und Frau – Personen mit unbestimmtem Geschlecht sind vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Eine Eheschließung oder das Eingehen einer Lebenspartnerschaft beispielsweise ist Personen mit unbestimmtem Geschlecht zurzeit nicht möglich. Eine Rechtsreform, insbesondere des Verfassungs- und Zivilrechts, ist daher dringend erforderlich.