"Hassen" wir unser Gerburts-Genital?

Neues aus Forschung und Wissenschaft zum Thema Transsexualität

"Hassen" wir unser Gerburts-Genital?

Beitragvon seerose » 1. Feb 2018, 10:59

Bisweilen ist die Rede davon, transsexuelle Menschen würden ihr Geburts-Genital "hassen". Dem pflichten bisweilen sogar Betroffene bei. Ich frage mich aber, ob das es sich dabei nicht vielmehr um eine mißverständliche Ausdrucksweise handelt, oder ob das zumindest für Einige tatsächlich zutreffend ist.
Unbestritten ist für mich, daß ich mein früheres Geburts-Genital für die maximale Verhohnepiepelung für mich als Mädchen/Frau gehalten habe, und ich das auch jetzt, viele Jahrzehnte post-OP noch so sehe. Ich bin davon überzeugt, daß dies den meisten Frauen so gehen würde, wenn sie sich vorstellen sollten, sie erwachten am anderen morgen mit dem gegengeschlechtlichen Genitale.
Der Begriff des "Hassens" ist aber aus meiner Sicht irreführend und deplaziert, so unerträglich die Situation/der Zustand auch immer sein mag!
Bisweilen wird auch behauptet, daß wir uns vor unserem Geburts-Genital "ekeln
". Auch "dieser Ekel" ist für mich zunächst mal eine mißverständliche und irreführende Wortwahl. Ich sehe mich hier vermutlich in Übereinstimmung mit den meisten Frauen, die den Horror nicht erleben möchten, morgens mit einem männlichen Genital aufzuwachen, die sich aber deshalb noch lange nicht vor selbigem "ekeln".
Könnte die Verwendung entsprechender Aussagen auch etwas mit der sexuellen Orientierung im Einzelfall zu tun haben?
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Re: "Hassen" wir unser Gerburts-Genital?

Beitragvon Selfmademan » 1. Feb 2018, 11:24

Also ich hab mich vor der Vagina und dem monatlichen Geschnoddere geekelt sowie den typischen Geruch eines weiblichen Genitals. Gehasst habe ich die Optik und das notwendige unbedingte Sitzpinkeln, geduldet habe ich die Klit, denn immerhin hat mir diese wenigstens ein bißchen Spaß bereitet.
V.T. pen phis! Tok narok.
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Re: "Hassen" wir unser Gerburts-Genital?

Beitragvon Hera » 1. Feb 2018, 12:10

Ich hatte eine "Phantomvulva/-vagina" sozusagen und das männliche Genital sah ich zwar, konnte es anfassen, es kamen auch "Rückmeldungen", aber es war wie als ob es doch nicht da war.

Nach der Op fühlt sich alles richtig an, es war wie aus einem Albtraum zu erwachen, obwohl ich dennoch meine gewachsene Vulva/Vagina vermisse.

~~~~~

Bewusst bin ich mir schon darüber, dass viele Frauen ihre Periode als extrem lästig empfinden, sie sogar auch hassen. Aber da habe ich lieber das, habe meine richtigen körperlichen Geschlechtsmerkmale und kann meinen Körper aber dafür fühlen und damit auch mich selbst.

Auch wird Weiblichkeit, eine Frau zu sein, immer wieder als Schwäche ausgelegt - insbesondere in gewissen Kulturkreisen. Ich weiß nicht wie viele Männer sich wünschen würden, dass Frauen für sie nach Bedarf verfügbar sein sollten. Entsprechende Erlebnisse begleiten eine Frau ggf. schon von Kindesbeinen an.

Es gäbe genug Gründe, warum eine Frau es hassen könnte eine Frau zu sein oder es schöner finden könnte ein Mann zu sein.

Offenbar gibt es auch genug Gründe, warum ein Mann es hasst ein Mann zu sein oder es schöner finden würde eine Frau zu sein.

Das kann man dann schön auf sein Genital projizieren und dann hört man oft gerade bei Menschen, die mit geschlechtlich männlich ausgeprägtem Körper geboren wurden, so etwas wie "Hauptsache, das Ding ist weg".

Hinzu kommt, dass auch noch immer mehr Männer in eine Seins-Krise geraten. Sie wollen nicht so sein wie jene Männer, die Gewalt ausüben, sie sind doch viel weicher als die und so weiter und so fort...
Und wenn man sich nicht mehr als richtigen Mann empfindet (die Definitionshoheit haben Machos und Kerle?) da "Penis = Mann" offenbar immer noch weit verbreitet ist (es soll Männer geben, die sich über ihr Genital definieren bzw. ihre Männlichkeit), muss das Ding dann eben auch schon mal weg, damit man der Männlichkeit für immer entkommen kann.

Aber gewisse Kreise wollen uns ja weismachen, dass das alles das gleiche ist.

Das sind dann i.d.R. die, die es gar nicht nachempfinden können, was eine Körperdiskrepanz wirklich bedeutet. Und ich meine eine richtige Körperdiskrepanz und nicht eine aus anderen Problemen heraus projizierte.

Männer und Frauen "aus Gründen".

Von mir aus. Kann jeder machen was er will.

Aber Objektivität und Ehrlichkeit kann man wohl nicht von Menschen erwarten, die sich selbst nicht einmal richtig sehen wollen und die auch nicht ehrlich mit sich selbst sein können.

Weg von und hin zu ist eben doch nicht das gleiche.
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Re: "Hassen" wir unser Gerburts-Genital?

Beitragvon Hauptmann Toxic » 1. Feb 2018, 19:41

Hass ist das falsche Wort. Ekel schon eher. Aber dieses Gefühl steht dann doch eher abseits. Eben so ein: „Das gehört da nicht hin“. Ein stückweit auf jeden Fall auch Erniedrigung wenn man als Kerl voll Schwabbel ist. Ich versteh das auch gar nicht, wie ein cis Mann mit Gynäkomastie sich das Shirt ausziehen kann oder nicht auch auf die Idee kommt einen Binder zu tragen. Ich hab heute nen Typen gesehen, der hatte echt D.

Hat auch jeder andere Baustellen. Mein genital ist am Alltag nicht mein erster Gedanke. Aber zu einer sexuellen Beziehung kann ich mich mit dem Teil nicht überwinden. Mir geht es eher um die allgemeine Silhouette, Stimme, Definiton der Muskeln usw. Das hat mir schon früher viel Frustration bereitet. Die Stimme passt ja schon, nun muss ich nur noch ordentlich trainieren, sodass der Oberkörper schneller gut aussieht.
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Re: "Hassen" wir unser Gerburts-Genital?

Beitragvon Frank » 2. Feb 2018, 08:03

Auch ich möchte hier meine Erfahrungen beitragen,
nein Hass ist definitiv der falsche "Begriff", ich habe es als "falsch an meinem Körper" empfunden, weil dort eigentlich etwas anderes sein sollte.

Hera schrieb unter anderem folgenden Absatz:
Auch wird Weiblichkeit, eine Frau zu sein, immer wieder als Schwäche ausgelegt - insbesondere in gewissen Kulturkreisen. Ich weiß nicht wie viele Männer sich wünschen würden, dass Frauen für sie nach Bedarf verfügbar sein sollten. Entsprechende Erlebnisse begleiten eine Frau ggf. schon von Kindesbeinen an.

Es gäbe genug Gründe, warum eine Frau es hassen könnte eine Frau zu sein oder es schöner finden könnte ein Mann zu sein.


Derartige Erfahrungen hatte ich machen müssen und habe mich deshalb auch sehr intensiv mit meiner Motivation zur Angleichung auseinandergesetzt.
Ich bin aber dabei zu mehreren Schlüssen gekommen die sich auch in meiner Ausdrucksform allgemein ausdrücken:
1. Der Bezug zu mir selbst - ich brauchte für mich an meinem Körper das Genital (zumindest etwas das dem so nahe wie möglich kommt) welches sich für mich als "richtig/stimmig" meinen Geschlechtskörper also als "passend zu meinem Sein" erfahren lässt.
2.Ich möchte in einer Gesellschaft leben in der Frauen & Männer wirklich Gleich- berechtigt, wertig und mit gleichen Chancen ausgestattet sind.
Ebenso möchte ich das in dieser Gesellschaft die Chancengleichheit nicht von der Herkunft abhängen darf -> dahin entwickelt sich unsere Gesellschaft immer mehr zurück.
Auch finde ich es sehr wichtig das der aktuell bestehende Unterschied zwischen Frauen und Männern weiterhin beobachtbar und benenbar bleiben muss, dafür muss es aber auf jeden Fall auch die Begriffe für diese Unterscheidungen geben! Auch wenn es einzelne Menschen gibt die nicht in diese beiden Kategorisierungen passen, so muss für diese eine "zusätzliche Benenbarkeit" geschaffen werden, statt die beiden vorhandenen auf zu lösen.

Aber zurück zur Ursprungsfrage, ich denke wenn ein Mensch wirklich eine solch starke negative Emotion gegenüber seinem Genital erlebt, dann wäre es erforderlich sich zunächst mit der Frage nach dem Ursprung zu beschäftigen, da vielfach erlebte Übergriffigkeiten zu derartig heftigen Emotionen führen.
Diese sollten dann auch vor der Frage nach Operationgeklärt werden.

Aber das ist nur meine ganz persönliche Meinung.

Liebe Grüße,
Frank
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Re: "Hassen" wir unser Gerburts-Genital?

Beitragvon Jenn » 3. Feb 2018, 07:57

Eine direkte Frage bezogen auf das was zwischen den Beinen an Genital vorliegt. Dann werd ich mich an die Frage halten.

Wer auch immer mit "Wir" angesprochen wird, ich habe zu keinem Zeitpunkt mein Genital gehasst und auch gab's keinen Ekel davor.
Jenn
 


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