Warum es keine Geschlechtsidentität gibt!

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Re: Warum es keine Geschlechtsidentität gibt!

Beitragvon Vanessa » 7. Feb 2016, 21:52

Rosi, du tust so, als wüsstest du schon die Antwort und alle anderen müssten das erst noch erkennen. "Hier, ein paar Hinweise, damit ihr leichter auf meine Lösung kommt."

Rosi hat geschrieben:Existiert ein Wissen ("Geschlechts-Wissen") um sein Geschlecht ähnlich einer Charaktereigenschaft oder Talents (geschlechtliches Wesen)?
Ich glaube, dass das Thema Geschlecht erst zu einem Thema wird, wenn es gesellschaftlich auch das Konzept Geschlecht und die damit verbundenen Verbote und Pflichten gibt, an die man als abweichendes Individuum anecken kann, weil man nicht so sein darf, wie man ist, und deswegen eine Sanktionierung erfährt. Erst in diesem gesellschaftlichen Kontext wird das Geschlechtswesen sichtbar und kann wohl überhaupt näher beschrieben werden, wird somit zum Geschlechtswissen.

Für mich ergeben sich aus einer körperlichen Prägung bestimmte Neigungen, Verhaltensmuster, Denkweisen, Bedürfnisse, usw., die im Laufe der Menschheitsgeschichte das Verständnis der beiden Geschlechter Mann und Frau geprägt haben. Geschlechtstypisches Verhalten ist dabei die Folge eines intrinsischen und in der Regel unbewussten Bedürfnisses, weil dadurch eine maximal glücklich machende Lebensweise ermöglicht wird. Wenn Frauen statistisch lieber kommunikative Berufe wählen, dann weil sie gerne kommunikativ sind und das mit ihrem geschlechtlichen Wesen resoniert. Für mich sind unterschiedliche Geschlechterrollen also vor allem ein Resultat von unterschiedlichen geschlechtlichen Befindlichkeiten, die den Menschen immanent sind.

Rosi hat geschrieben:Wenn ja, welche Rolle spielt das für das geschlechtliche Leben (Entwicklung) eines Menschen?
Es spielt die Rolle, dass man bestimmte Bedürfnisse hat, die ggf. nicht befriedigt werden. Die immanenten geschlechtsspezifischen Eigenschaften drücken sich in diesen Bedürfnissen aus und sind entweder im Einklang mit dem eigenen Leben oder stehen im Widerspruch. Welchen Einfluss das auf die Entwicklung einer Person hat, kann wohl höchst unterschiedlich sein. Es wird aber mit Sicherheit einen großen Einfluss haben, wenn man sein ganzes Leben lang quasi entgegen seine eigenen Bedürfnisse lebt, auch wenn man das selbst nicht mal weiß.

Rosi hat geschrieben:Gibt es ggf. neben dem "Geschlechts-Wissen" auch eine "Geschlechts-Identität"?
Die Geschlechtsidentität ist die bewusste Affirmation einer bestimmten Geschlechtszugehörigkeit, die aus dem geschlechtlichen Wesen und dem Wissen darüber resultiert. Wobei es Ausnahmen gibt, denn dann wenn man sich irrt und sich beispielsweise zunächst für einen Mann hält, obwohl man eigentlich vom geschlechtlichen Wesen her eine Frau ist, was einem aber (noch) nicht bewusst sein kann. Das liegt dann aber daran, dass der Erkenntnis aufgrund des gesellschaftlichen Verständnisses von Geschlecht, die auf körperlichen Merkmalen basiert, Steine in den Weg gelegt werden.

Rosi hat geschrieben:Welche Faktoren führen ggf. zur Bildung einer "Geschlechts-Identität (über was identifiziert man sich geschlechtlich)?
Ich glaube ich weiß, worauf du hinaus willst. Du willst sagen, dass man ohne die sozial konstruierte Rolle auch keine Anhaltspunkte hätte zu einer Geschlechtsidentität. Stimmt, eine transsexuelle Hündin "empfindet" sich wahrscheinlich nicht als das andere Geschlecht. Sie reflektiert darüber schlichtweg nicht, wie oder was sie ist. Wie ich eben schon sagte, ist Geschlechtsidentität eine bewusste Affirmation, für die es gewisse Rahmenbedingungen braucht, damit diese möglich wird, und dazu gehört eine gesellschaftliche Definition der Geschlechter und das was man damit allgemein verbindet.

Aber es ist halt die Frage, über was man spricht. Für mich ist Geschlecht dann relevant, wenn es im gesellschaftlichen Miteinander passiert, wenn man vom anderen Menschen als "er" oder "sie" spricht und Namen wie Paul oder Paula verwendet. Gäbe es dieses soziale Geschlecht nicht, dann wäre Geschlecht in der Praxis komplett irrelevant, denn es wäre einfach jeder einfach so wie er ist und gut. So wie sich eine transsexuelle Hündin wohl auch anders verhält als ein Rüde, aber das niemanden wirklich interessiert und die Hündin einfach so leben kann wie sie eben ist.

Geschlecht wird dann zum Thema, wenn z.B. ein transsexuelles Mädchen mit Puppen spielen möchte, weil das zu seinem geschlechtlichen Wesen passt, und das Umfeld ihm das nicht gestattet, dann kommt es zum Konflikt. Und wenn dieses Mädchen immer beobachtet, dass die Dinge, die andere Mädchen tun, gegen seinen Willen für es verboten sind, und es stattdessen die Dinge, die Jungen tun, gegen seinen Willen tun soll, dann zieht es wohl irgendwann den Schluss, ein Mädchen und kein Junge zu sein. Dann bildet sich anhand der beobachteten sozialen Rollen eine Geschlechtsidentität heraus, die vom körperlichen Geschlecht abweicht. Wenn man mehr Deckung mit dem "anderen" Geschlecht empfindet, weil man Eigenschaften und Lebensweisen beobachtet und mit den eigenen Bedürfnissen abgleicht, und dann zu dem Schluss kommt, dass man glücklicher wäre, wenn man als das andere Geschlecht leben könnte und die auferlegten Verbote und Pflichten im Einklang mit einem selbst wären.
Vanessa
 
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Re: Warum es keine Geschlechtsidentität gibt!

Beitragvon Rosi » 8. Feb 2016, 00:19

Danke, Vanessa, für Deine Mühen.

Und jetzt müsste ich noch fragen, warum Du das unter meiner Frage vier beantwortete, nicht als das was
es ist bezeichnest - nämlich als "Rollen-Identität". Weil erst durch das Übertragen dieser "Rollen-Identität"
auf das/sein Geschlecht, dieses als "Geschlechts-Identität" bezeichnete entsteht
- also sie im Grunde nichts
anderes als eine "Rollen-Identität" ist.

Denn so nüchtern betrachtet:
Hätten wir einmal den Stand der (transidenten) Hündin eingenommen, könnten unreflektiert so leben wie wir
uns wohl (geschlechtlichem Wesen entsprechend) fühlen, würden die Faktoren fehlen, die eine "Geschlechts-
Identität" prägen (siehe mitunter auch weibliche Transvestiten).

Genau an diesem Punkt setzt aber das "Geschlechts-Wissen" an, das komplett separat und ohne diese
"Rollen-Identitäten" einen geschlechtlichen Antrieb erzeugt.
Natürlich führt dieser auch zu einer "Rollen-
Identität", genau so wie mit zum Verlangen nach stimmigen Körpermerkmalen. Dieses "Wissen" wird sich auch
ohne jeglichen gesellschaftlichen Einfluss, unter identischen Voraussetzungen, unterschiedlich zwischen
männlich und weiblich zum Ausdruck bringen. Ohne diesen gesellschaftlichen Einfluss aber vermutlich
nicht in "Rollen-Identität" und Körper anpassendem Verlangen. Das Geschlechts-Wesen wird also immer
sichtbar - und zwar im Unterschied.
"Geschlecht" ist immer und entsteht nicht erst durch einen
"Resonanzboden".

Und nun kommt noch ein ganz wichtiger (menschlicher) Faktor:
Gesund und glücklich ist der Mensch, wenn Körper und Geist im Einklang stehen - oder anders ausgedrückt,
wenn sich die verschiedenen Wesen(szüge) des Menschen maximal stimmig entfalten können. Um diesem
Drängen nach maximaler Stimmigkeit nachkommen zu können, ist es sozialen Lebewesen wichtig, diesem
Drängen "Raum für Ausdruck" verleihen zu können.
So entstehen oder entstanden dann Geschlechterrollen
und Klischees.

Würde es beispielsweise nur noch einheitliche Kleidung für männlich und weiblich geben, würde solch ein
Raum genommen. Dieser würde dann vermutlich wieder eröffnet werden, indem sich weibliche Menschen
dann eine Blüte am Kragen anstecken - an diesem Punkt unterscheiden wir uns vermutlich von Hunden ;-)

Vanessa hat geschrieben:Rosi, du tust so, als wüsstest du schon die Antwort und alle anderen müssten das erst noch erkennen. "Hier, ein paar Hinweise, damit ihr leichter auf meine Lösung kommt."
Liebe Vanessa, aus meiner "Antwort" resultierte ja mein Eingangspost :idea:

Nun, und weil wie ausgeführt, "Geschlechts-Identität" wie sie heute ausgeführt wird dann "Geschlecht"
(Geschlechts-Wissen) nicht zulässt, sie auch nur eine reflektierte "Rollen-Identität" ist, gibt es praktisch
keine "Geschlechts-Identität" - und als brauchbaren Begriff schon gleich gar nicht.

Und noch toller: "Geschlecht" würde von keinem "geschlechtlichen Anteil" abweichen wenn es daneben
nur "körperliche Merkmale" und "Rollen-Identitäten" gibt.
Ich bin zwar "weich", aber darin bin ich "knallhart"
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Re: Warum es keine Geschlechtsidentität gibt!

Beitragvon Lotty » 8. Feb 2016, 08:58

Vanessa hat geschrieben:]Ich glaube, dass das Thema Geschlecht erst zu einem Thema wird, wenn es gesellschaftlich auch das Konzept Geschlecht und die damit verbundenen Verbote und Pflichten gibt, an die man als abweichendes Individuum anecken kann, weil man nicht so sein darf, wie man ist, und deswegen eine Sanktionierung erfährt. Erst in diesem gesellschaftlichen Kontext wird das Geschlechtswesen sichtbar und kann wohl überhaupt näher beschrieben werden, wird somit zum Geschlechtswissen.

Liebe Vanessa, was du dort unter Geschlecht beschreibst ist Gender. Für die meisten scheint es so zu sein wie du schriebst. Für mich und viele andere ist Geschlecht aber in erster Linie Körper. Mein Gender pendelt irgendwo zwischen den typsiche weiblichen und männlichen Rollenklisches.

Rosis Frage:
Rosi hat geschrieben:Existiert ein Wissen ("Geschlechts-Wissen") um sein Geschlecht ähnlich einer Charaktereigenschaft oder Talents (geschlechtliches Wesen)?
ist unter dem Gesichtspunkt Körper (Sexus) gänzlich anders zu beantworten als du es unter dem Gesichtspunkt der sozialen Rolle "Gender" tatest.

Ja, es existiert ein Wissen um das richtige Genital, denn das ist es was auffällt bevor überhaupt ein Rollenbewusstsein existiert. Neigungen, Verhaltensmuster, Denkweisen und Bedürfnissen sind stark von Klischees geprägt, Eine Frau hat sich so zu verhalten ein Mann anders. Hier hat die Neurologie mittlerweile heraus bekommen das es eben nicht dieses typisch Frau, typisch Mann gibt. Hier existiert offensichtlich ein Spektrum was alle Zwischenstufen zulässt.

Daher kommt ja auch die Behauptung das es 7 Mrd Geschlechter gibt und das Transsexualität ledigich eine besonders stark ausgeprägte Unzufriedenheit mit der sozialen Rolle sei. Wir leben heute in einer Zeit in der versucht wird Geschlecht an Verhalten festzumachen und den Körper zu verleugnen. Denn so kann mit Recht gesagt werden Geschlecht sei ein soziales Konstrukt und Männer und Frauen seien im Grunde gleich. Diese fixe Idee kommt aus Teilen der Emanzipationsbewegung. Es muss alles Gleich sein, Égalité wird mit Gleichheit übersetzt antat mit Gleichstellung was eigentlich richtig wäre.

Dies ist natürlich für Menschen die mit der, dem Geschlecht zugeordneten Rolle nicht klar kommen ein gefundenes Fressen. Wenn Geschlechter ohnehin gleich sind, dann spielt es ja auch keine Rolle ob jemand ALS Frau oder ALS Mann lebt und von der Gesellschaft auch so gesehen wird.

    Es sollte legitim sein so zu leben wie man sich fühlt, als Mann also weibliche Eigenschaften nach belieben ausleben, oder umgekehrt.

    Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, Frauen und Männer als gleichwertig zu betrachten.

Es ist verhängnisvoll dann Genital angleichende Maßnahmen als Sahnehäubchen des sozialen Rollenwechsels dar zu stellen, wie dies insbesondere in den Berliner Genderqueeren-Kreisen erfolgt. Ebenso ist es unverantwortlich zu behaupten Transsexualität entstehe durch Sozialisation und Erziehung. Wollen diese Personen den Eltern die Schuld in die Schuhe schieben?

Es gibt bisher keinerlei Beleg dafür das es gelungen ist Transsexualität weg zu therapieren. Die Psychologie stützt sich bei ihrer Vorstellung "was Transsexualität ist" lediglich auf Empirie und was dies bedeutet, sollte eigentlich klar sein. Empiri ist nichts weiter als eine Theorie die aus Erfahrung, gefiltert durch Meinung, entsteht. Sie nennt sich zwar wissenschaftlich, dies ist aber bei den Geisteswissenschaften gelegentlich und insbesondere bei der Transsexualität, durchaus in Frage zu stellen.

Liebe Grüße
Lotty
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Re: Warum es keine Geschlechtsidentität gibt!

Beitragvon Vanessa » 8. Feb 2016, 10:07

Lotty, wir beide sprechen hier aber auch über ganz unterschiedliche Dinge. Was mir hierbei wichtig war, ist wie Menschen den Begriff Geschlecht im gesellschaftlichen Kontext verwenden. Was Geschlecht also gesellschaftlich bedeutet, wenn zum Beispiel ein F im Ausweis steht. Die Frage könnte lauten: Was bedeutet das F im Ausweis? Wofür steht es? Was ist damit gemeint?

Und der Spielraum, in dem sich das bewegt, ist sozusagen nur von Stirn zu Stirn. Geschlechtliches Wesen, Genitaldysphorie und all der körperliche Kram hat damit erst mal nichts zu tun, weil das innere Eigenschaften sind, die kein Außenstehender verifizieren kann. Über diese inneren Dinge gelangt der Einzelne zwar zu einer Aussage über sich selbst, aber für andere ist das irrelevant, da sie es nicht nachprüfen können.

Was ich also primär die ganze Zeit sagen wollte, ist dass man sich im menschlichen Miteinander nur auf die Aussage eines Menschen verlassen kann. Und diese bewusst getätigte Aussage über das eigene Geschlecht bezeichne ich als Geschlechtsidentität. Es geht *nicht* um eine Definition von Transsexualität. Das ist ein völlig anderes Thema.

PS: Hier ist ja auch das Soziologie-Forum. ;)
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Re: Warum es keine Geschlechtsidentität gibt!

Beitragvon Gast » 8. Feb 2016, 16:21

Ein Phuthi ist ein Phuthi; ein Makua ist ein Makua; ein Dakota ist ein Dakota.
Durch seine Darstellung ein Phuthi zu sein, wird der Makua es nicht; der Dakota ebensowenig.
Durch seine Ablehnung ein Phuthi zu sein, bleibt er es trotzdem.

Was ich also primär die ganze Zeit sagen wollte, ist dass man sich im menschlichen Miteinander nur auf die Aussage eines Menschen verlassen kann. Und diese bewusst getätigte Aussage über das eigene Geschlecht bezeichne ich als Geschlechtsidentität.

Es ist deine Sicht der Dinge, dass "man sich im menschlichen Miteinander nur auf die Aussage eines Menschen verlassen kann". Für mich jedoch kommt diese Denke als unbedingte, bedingungslose Handlungsanweisung an alle Mitmenschen daher, die aus einem persönlichen Wunschgedanken heraus geboren ist.

Die Aussage eines, dem äußeren Erscheinungsbild nach asiatischen Menschen, der sagt er sei Deutscher, nehme ich zuerst einmal in mir auf. Aber alleine auf seine Aussage hin muss ich das nicht wirklich glauben; darauf verlassen muss ich mich auch nicht. Ok, du schreibst man "kann" sich darauf verlassen. Ich hingegen denke, dass man es zur Kenntnis nehmen kann bzw. sollte.
Bei einer flüchtigen Begegnung ist es mir egal, ob dieser asiatisch erscheinende Mensch Deutscher, Österreicher, Schweizer oder Japaner, Chinese, Taiwanese ist. Trotzdem steht seiner Aussage, er sei Deutscher, meine Empfindung gegenüber und zwar gleichberechtigt zu seiner Aussage. Somit möchte ich dieses "nur" in deinem Zitat streichen dürfen. Alternativ schlage ich eine Korrektur vor:
Edit hat geschrieben: ... dass man sich im menschlichen Miteinander zunächst einmal auf die Aussage eines Menschen verlassen sollte.

Bei einer mehr als flüchtigen Begegnung wird sich dann aufgrund des Austausches und des eigenen Empfindens ggf. herausstellen, ob seine Darstellung korrekt ist, ggf. auch weshalb, wieso, warum. Dann wäre eine Korrektur wie folgt denkbar:
Edit hat geschrieben: ... dass man sich im menschlichen Miteinander nicht nur auf eine Aussage eines Menschen verlassen sollte.

Mit zunehmender Dauer des Austausches kann man in Erfahrung bringen, weshalb er vorgibt, eine deutsche Identität zu haben. Was sind wohl die Gründe für ihn zu sagen er sei Deutscher; sind es philosophische, kultur-philosophische, soziologische, ethische, wirtschaftliche, kulturelle, juristische, ethnische oder psychische oder gar provokative Gründe. Demgegenüber steht aber gleichberechtigt mein Empfinden, mein Wissen sowie meine Fähigkeit der eigenen Meinungsbildung und die Freiheit meiner eigenen Meinung über das Aufgenommene.

Also, aufgrund nur einer Aussage werde ich mich nie auf etwas verlassen was mir fraglich (i.S.v. unwahrscheinlich) erscheint. Einen Mensch mit herben Gesichtszügen und großen Händen werde ich als Mensch mit herben Gesichtszügen und großen Händen wahrnehmen; ich werde mich jedoch nicht nur ausschließlich auf seine Aussage, er sei eine Frau, verlassen. Kein Mensch kann sich freisprechen (i.S.v. weigern) eigene Wahrnehmungen und eigenes Wissen in einer solchen Situation mit dem Gehörten intern abzustimmen.

Anmerkung: Das angeführte Beispiel könnte man durchaus als Begegnung mit einer männlich erscheinenden Person umschreiben, die sagt eine Frau zu sein.

Eine allfassende Definition von Identität kann kaum gelingen, besonders nicht in einem Forum. Zu unterschiedlich ist der Begriff in seiner Dimension. Fakt ist, dass es Identität bzw. Identitäten gibt. Die Sätze 1 - 3 gelten m.M.n. auch für Geschlechtsidentität (Identität aufgrund des Geschlechtes). Dabei ist es ganz gleich, ob man meint "Geschlechtsidentität" nicht zu brauchen oder meint den Begriff streichen/löschen/verneinen zu können. Dieses Ansinnen empfinde ich als unrealistisch. Dazu kommt, dass in diesem Forum insgesamt sich sehr viele unterschiedliche Wunschvorstellungen lesen lassen - was ich sehr gut nachvollziehen kann und nicht wertend meine. Es ist nun einmal so, dass (Rand-) Gruppen eine eigene Sprache, Philosophie, Überzeugung, (Wunsch-)Vorstellung entwickeln und diese gelegentlich unrealistische, unpraktikable Züge annehmen kann.

Mir ist klar, dass wenn es keine Geschlechtsidentität geben würde, es auch keine Störung der Geschlechtsidentität geben könnte. Des Weiteren ist mir auch klar, dass man sich dann nicht das Schild "gestört" umhängen lassen müsste und somit wären die Psychos aus dem "Spiel". Diese Denke sehe ich jedoch eher in der Ecke Jener, die behaupten (gestern und heute), dass es einen Op-Zwang gegeben hätte.

Ein Sein generiert letztendlich eine Identität.

Liebe Grüße
Kurzzeitgast Chris
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Re: Warum es keine Geschlechtsidentität gibt!

Beitragvon Lotty » 8. Feb 2016, 17:42

Chris hat geschrieben:Mir ist klar, dass wenn es keine Geschlechtsidentität geben würde, es auch keine Störung der Geschlechtsidentität geben könnte. Des Weiteren ist mir auch klar, dass man sich dann nicht das Schild "gestört" umhängen lassen müsste und somit wären die Psychos aus dem "Spiel". Diese Denke sehe ich jedoch eher in der Ecke Jener, die behaupten (gestern und heute), dass es einen Op-Zwang gegeben hätte.

Selbst wenn es eine Geschlechtsidentität gibt - es wäre dann noch zu klären was dies eigentlich für den ein oder anderen bedeutet - gibt es immer noch keine Störung der Geschlechtsidentität, zumindest nicht wenn wir hier von "echter" Transsexualität reden. Denn da liegt die Störung nicht im Kopf sondern im Körper.

PS: Es soll ja sogar Menschen geben die den Staat wegen Körperverletzung verklagt haben. Begründung: Sie wurden zur OP gezwungen. :hammer:
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Re: Warum es keine Geschlechtsidentität gibt!

Beitragvon Vanessa » 8. Feb 2016, 18:21

Chris, du hast schon Recht, wenn du in meiner Formulierung einen Wunsch heraus liest. Nämlich den Wunsch nach respektvollem Umgang. Der Zweifel an der Aussage des anderen kann als respektlos oder beleidigend aufgefasst werden, vor allem wenn durchscheint, dass die Annahmen auf gängigen Vorurteilen basieren. Ich halte es für wichtig, sich aktiv solchen Vorurteilen entgegenzustellen und sich ihnen nicht hinzugeben. Man kann dir sicherlich nicht das Denken verbieten, aber wie ich schon schrieb, geht es mir ja um das was zwischen Stirn und Stirn stattfindet, also was kommuniziert wird. Und daher halte ich für gutes Benehmen, wenn man dem Gegenüber gegenüber keine Zweifel signalisiert, sondern "mitspielt". Ich spreche hier natürlich von ernst gemeinten Aussagen. Das lässt sich möglicherweise nicht immer einwandfrei erkennen, aber dann halte ich es so: Im Zweifel für den "Angeklagten".

Vor allem: Wir sind ja keine Gutachter, die das zu bewerten haben. Wenn wir andere Leute, die nicht unseren Kriterien entsprechen, anzweifeln, dann sind wir nicht besser als diejenigen, die über Transsexualität sagen, das sei verrückt oder krank. Ich finde es nämlich immer sehr zweifelhaft, wenn marginalisierte Gruppen sich über Marginalisierung beschweren, aber dann ebenfalls andere Gruppen marginalisieren.

PS: Ich weiß gar nicht, was du bist, Chris, also fühl dich in dem "wir" nicht zwangsläufig inbegriffen. Mit wir meine ich vor allem die, die sich von Transsexualität betroffen sehen oder sahen.
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Re: Warum es keine Geschlechtsidentität gibt!

Beitragvon Rosi » 8. Feb 2016, 20:47

Gast hat geschrieben:.....
Eine allfassende Definition von Identität kann kaum gelingen, ....... Zu unterschiedlich ist der Begriff in seiner Dimension. Fakt ist, dass es Identität bzw. Identitäten gibt.

Genau aus diesem Grund ist es neben der Untrefflichkeit zusätzlich nicht brauchbar, im Falle von "Geschlecht" von *-Identität zu sprechen.
Jeder Mensch hat "Geschlecht" und deshalb ist das Handling damit keine beliebige Angelegenheit.

Entgegen des untrefflichen Vergleichs mit einer Staatsangehörigkeit, spielt sich "Geschlecht" auf einer komplett anderen Ebene ab. Aussagen
über "Geschlecht" sind dann eher so zu verstehen und zu handhaben, wie wenn man sich darüber äußert, dass einem ein Lied besonders
gut gefällt und es deshalb für sich empfunden "sehr gut" ist. Da kann dann auch niemand hergehen und überprüfen können, im Sinne von "wird
sich dann aufgrund des Austausches und des eigenen Empfindens ggf. herausstellen, ob seine Darstellung korrekt ist". Die Korrektheit der
Aussage kann lediglich auf sich selbst bezogen abgewogen werden. Nicht aber in seiner Richtigkeit als solches. Es ist Niemandes Aufgabe,
zu prüfen, ob sich ein Anderer vielleicht selbst belügt.

Es sind aber immer wieder die selben Prozesse, die Manche dazu bringt, sich über die Persönlichkeit Anderer anmaßend, überheblich hinwegzusetzen.

Wer Menschen und Persönlichkeit alleine als Produkte von Identität sieht, kann dem umfassenden Wesen von Mensch, Menschlichkeit und
Persönlichkeit niemals gegenüber empfänglich sein. In etwa so, als wenn man ein Orchesterspiel als Anreihung verschiedener Töne betrachtet,
aber das, durch die eigenheitlichen Vorgaben einzelner Instrumente und das Zusammenspiel Aller, transportierte Gesamtergebnis nicht als
"Mehr" erkennt.

Gast hat geschrieben:Die Sätze 1 - 3 gelten m.M.n. auch für Geschlechtsidentität (Identität aufgrund des Geschlechtes).

Das wurde nun schon wiederholt zitiert. Was soll denn bitte "Identität aufgrund des Geschlechtes" genau sein? Was ist denn da das "Geschlecht?
Wo kommt das her? Woran leitet man das ab? Oder IST das (irgendwo)? Erkläre das doch bitte einmal etwas genauer lieber Kurzzeit-Gast.

Gast hat geschrieben:Dabei ist es ganz gleich, ob man meint "Geschlechtsidentität" nicht zu brauchen oder meint den Begriff streichen/löschen/verneinen zu können. Dieses Ansinnen empfinde ich als unrealistisch. Dazu kommt, dass in diesem Forum insgesamt sich sehr viele unterschiedliche Wunschvorstellungen lesen lassen - was ich sehr gut nachvollziehen kann und nicht wertend meine. Es ist nun einmal so, dass (Rand-) Gruppen eine eigene Sprache, Philosophie, Überzeugung, (Wunsch-)Vorstellung entwickeln und diese gelegentlich unrealistische, unpraktikable Züge annehmen kann.

Da mag man sich dann wundern, warum aufgrund solcher Aussagen eine gewisse "erkennbare Unfreundlichkeit" zum Ausdruck gebracht wird :o

Es geht darum den Begriff "Geschlechtsidentität" zu ersetzen - mit "Rollenidentität". Also das was es ist. Alleine schon der Umstand,
dass Du offensichtlich sehr viele unterschiedliche Ansinnen hier als Wunschvorstellungen, welche "gelegentlich unrealistische, unpraktikable Züge
annehmen können" betrachtest, empfinde ich als das Vorführen einer Minderheit ins Lächerliche, aufgrund des erachteten Rechts einer Mehrheit,
die sich im Grunde überhaupt nicht eingehend mit der Thematik befasst hat oder die Befindlichkeiten nachvollziehen kann.

Gast hat geschrieben:Mir ist klar, dass wenn es keine Geschlechtsidentität geben würde, es auch keine Störung der Geschlechtsidentität geben könnte. Des Weiteren ist mir auch klar, dass man sich dann nicht das Schild "gestört" umhängen lassen müsste und somit wären die Psychos aus dem "Spiel". Diese Denke sehe ich jedoch eher in der Ecke Jener, die behaupten (gestern und heute), dass es einen Op-Zwang gegeben hätte.

Eigentlich unglaublich was "Kurzzeitgast Chris" sich hier hat einfallen lassen.
Praktisch: Ja, gestört seid ihr Alle ja nur, weil ihr Euch denkt, das wenn man Euch eine "Störung der Geschlechtsidentität" zuweist, man Eure
Psyche als gestört betrachtet. So etwas kann eigentlich nur von Jenen kommen, die tatsächlich mit dem großen Zeh denken, weil sie ihr Fuß
sind - ich hätte da ein Schild abzugeben .....

:shock: [-(
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Re: Warum es keine Geschlechtsidentität gibt!

Beitragvon Vanessa » 8. Feb 2016, 21:24

Das Problem, das ich mit "Rollenidentität" habe, ist dass ich mit Rolle etwas beliebiges verbinde. Eine Rolle kann ein Schauspieler spielen, ohne dass diese Rolle ansatzweise etwas authentisch mit dieser Person zu tun haben muss. Wenn ich also Rollenidentität höre, dann denke ich, dass jemand sich eben nur eine Rolle ausgesucht hat und die dann spielt, unabhängig von einem "geschlechtlichen Wesen" oder anderen körperlich begründbaren Ursachen. Geschlechtsidentität hingegen steht für mich dafür, dass sich jemand als ein bestimmtes Geschlecht sieht, nicht im Sinne von "eine Rolle spielen", sondern im Sinne von sich tatsächlich authentisch zugehörig fühlen, und in letzter Instanz zu sein.

Ich möchte auf diesen Begriff nicht verzichten und ich sehe auch keinen Vorteil im gesamtgesellschaftlichen Diskurs darin, darauf zu verzichten, da ich annehme, dass ich nicht die einzige Person bin, die bei "Rollenidentität" eben nur an eine Art schauspielerische Rolle denkt.

Ich identifiziere mich nicht mit der Rolle, sondern mit dem Geschlecht. Ich identifiziere mich nicht mit "weiblichem Auftreten", sondern mit "Frau sein". Denn der große Unterschied liegt darin, dass ich als seiende Frau auch gänzlich "unweiblich" sein könnte, nach dem typischen Rollenverständnis, aber deswegen nicht weniger Frau sein muss.

Ne, Rolle schmeckt mir einfach nicht. Sorry, Rosi.
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Re: Warum es keine Geschlechtsidentität gibt!

Beitragvon Rosi » 8. Feb 2016, 22:17

Hallo Vanessa,

Du siehst, wie für Dich durch den einfachen Tausch des Wortes vor -Identität, die Bedeutung von "Spiel" nach
"Ernsthaftigkeit" wechseln kann. Wenn Du aber bei "Rollenidentität" einräumen kannst, dass eine Rolle gespielt
wird, warum kannst Du dann bei "Geschlechtsidentität" nicht ebenso einräumen, dass Geschlecht gespielt
wird? Dasselbe gilt natürlich auch andersherum. Die selbe Ernsthaftigkeit die Du einer "Geschlechtsidentität"
zusprichst, kann man auch einer "Rollenidentität" zusprechen.

Wenn Du bei "Geschlechtsidentität" davon ausgehst, "dass sich jemand als ein bestimmtes Geschlecht sieht, nicht
im Sinne von "eine Rolle spielen", sondern im Sinne von sich tatsächlich authentisch zugehörig fühlen, und in letzter
Instanz zu sein", dann frage ich, warum kann man das nicht "Geschlecht" nennen?

Kann denn "Geschlecht" noch etwas anderes sein?
Warum denn durch den Zusatz "Identität" Alles wieder in Frage stellen und als Denk- und Erfahrungsprozess deklarieren?

Vanessa hat geschrieben:..
Ich identifiziere mich nicht mit der Rolle, sondern mit dem Geschlecht. Ich identifiziere mich nicht mit "weiblichem Auftreten", sondern mit "Frau sein". Denn der große Unterschied liegt darin, dass ich als seiende Frau auch gänzlich "unweiblich" sein könnte, nach dem typischen Rollenverständnis, aber deswegen nicht weniger Frau sein muss.

Hmmm ..... schau Dir im Eingangspost nochmals die Grafik an. Ich glaube Du sprichst von dem "Geschlecht" dort.
Daneben gibt es ja dann separat die "Rollenidentität".

;-)
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