Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Meinungen und Meldungen aus unserem sozialem Umfeld

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Vanessa » 28. Nov 2015, 02:08

Lotty hat geschrieben:Liebe Vanessa, bevor ich zu deinem weiterem Text übergehe, möchte ich dir zuerst hierzu etwas schreiben. Lass dir Zeit mit der Überlegung und warte bis du dir ganz sicher bist das du eine GaOP brauchst, sehe es nicht als Sahnehäubchen, um die Soziale Rolle (was das dann auch immer sein mag) zu perfektionieren. Glaube nicht das du erst dann der bessere Mensch bist, wie du ja weiter unten bei TS vs. TG geschrieben hast.
Keine Sorge. Als Sahnehäubchen sehe ich das sicher nicht. Und ich finde das für die soziale Rolle auch ziemlich unerheblich, da man die Beule durch passende Kleidung kaschieren kann, bzw. Situationen, in denen man das nicht kann, auch weitgehend vermeiden kann. Das ist für mich eher ein ganz persönlicher Aspekt.

Lotty hat geschrieben:Natürlich gehört das auch dazu, jedenfalls in Grenzen. Denn es gibt auch Frauen mit kleinen Brüsten, Auch manche Frauen haben Körperbehaarung, wenn auch nicht so viel wie manche Männer. Es ist alles eine Frage der Relation. Nur ab wann reden wir eigentlich von Schönheits-OP's?
Ich rede eigentlich gar nicht von Operationen. Ich will damit eigentlich nur sagen, dass zu einem weiblichen Körpergefühl für mich eben auch ein weiblicher Körper gehört, und dazu gehört eben nicht nur, eine Vagina zu haben. Die Gewichtung kann dabei sicherlich individuell verschieden sein. Der einen ist eine Vagina essentiell wichtig, der anderen vielleicht nicht. Dafür sind der dann vielleicht eher schöne Brüste wichtig oder eine weibliche Figur. Den Vaginawunsch nun als das maßgebliche Kriterium zur "echten Transsexualität" zu bezeichnen, und die anderen Aspekte nur als "Wunsch nach der sozialen Rolle", entspricht nicht meiner Sichtweise. Da schließt man wieder von sich auf andere, indem man meint, dass eine "echte Frau" auch eine Vagina haben wollen muss. Woher will man das wissen?

Lotty hat geschrieben:Es wäre eigentlich einmal zu klären was eigentlich unter der sozialen Rolle zu verstehen ist. Du zählst da Eigenschaften auf (Eigenwahrnehmung, Geschlechtsidentität, weiblicher Habitus, feminin kleidet, Vorzeigefrau) die ich eigentlich der sozialen Rolle zuordnen würde. Identität ist im übrigem ein Begriff der viel zu unscharf ist, was meint das eigentlich? Sich mit etwas identifizieren, die Gesamtheit der Person, etwas was sich im Laufe des Lebens ändert? Eigenwahrnehmung ist auch ein Begriff den man unterschiedlich auslegen kann, was ist damit gemeint? Dann schreibst du von Kleidung, Habitus, und Vorzeigefrau. Muss sich eine Frau weiblich kleiden? Muss sie eine Vorzeigefrau sein oder sich besonders feminin geben?
Ich habe da die Begriffe meiner Vorrednerinnen aufgegriffen und das mit Vorzeigefrau auf die Spitze getrieben, um damit einfach nur absolut deutlich zu machen, dass bis auf das Mögen des Penisses alles absolut "koscher" ist bezogen auf eine "Transkondition". Für mich wäre es in so einem Fall absurd, nur aufgrund des Penisses den Status als Frau nicht zuzugestehen.

Lotty hat geschrieben:Bedeutet dies Frau sein? Darf eine Frau nicht fluchen und all die Dinge die ein Mann machen darf. Darf sie sich nicht männlich kleiden? Muss eine Frau eine Vorzeigefrau sein. Sind das nicht die Geschlechterstereotypen die gerade Genderqueers abschaffen wollen. Ich denke aber das ein Mann seinen Penis vermissen würde und eine Frau ihre Vagina. Warum also nicht dort die Grenzziehung zwischen Transgender und Trassexualität?
Und da sind wir genau beim Punkt. Ich verstehe nicht, wieso man genau da eine Grenze ziehen muss. Aus meinen bisherigen Erläuterungen dürfte hervorgegangen sein, dass ich den Vaginawunsch bzw. umgekehrt formuliert die Ablehnung der angeborenen Geschlechtsteile, nur als Teilaspekt betrachte. Es ist ein Aspekt unter vielen, der halt bei einer Person stärker ausgeprägt sein kann als bei einer anderen. Ich finde, dass das allein betrachtet überhaupt keine Aussagekraft hat. Was soll damit bezweckt werden, sich so auf das Geschlechtsteil zu fixieren? Wer meint, dass er die OP braucht, soll sie machen lassen. Wer nicht, lässt es sein. Da ist das Thema für mich eigentlich abgehakt.

Geht es da wirklich nur darum, dass man selbst nicht mit den unoperierten Transfrauen (und die es auch nicht vorhaben) in einen Topf geworfen werden will, weil man befürchtet, dass die Gesellschaft das nicht so akzeptiert, weil es nicht dem binären System entspricht, und die "vollbinären" Transfrauen dann auch nicht so akzeptiert würden, wie sie es würden, wenn es ausschließlich Transfrauen mit OP-Wunsch gäbe? Ist es das?

Ist schon interessant. Jetzt weiß ich auch, warum es immer um einen "transsexuellen Hintergrund" oder eine "transsexuelle Vergangenheit" geht. Ja, jetzt wird mir einiges klar. Transsexualität ist so etwas wie ein Schandfleck, den man möglichst schnell vergessen möchte, weil er einen daran hindert, von der Gesellschaft voll als Frau anerkannt zu werden. Das erklärt auch die Probleme mit dem Begriff "Transpride". Eigentlich soll die Transkondition möglichst vollständig unter den Teppich gekehrt werden. Transitionieren und dann möglichst nichts mehr mit dem ganzen Kram zu tun haben. Und dieses Prinzip ist nicht anwendbar auf alle, die auch später noch auffallen, weil sie nicht 100 % binär sind, und vielleicht auch in der Öffentlichkeit dazu stehen. Und man möchte ja nicht mit solchen Penisfrauen in einen Topf geworfen werden, über die die Gesellschaft bestimmt ganz schlecht denkt.

Den Rest zitiere ich jetzt mal nicht. Ich würde einfach nur gerne mal Quellen sehen, wo das alles behauptet wird, was diesen "Gender-Aktivisten" immer unterstellt wird. In meinen US-amerikanischen Quellen finde ich so etwas nicht.

Hört sich jetzt vielleicht alles etwas böse an, aber ist eigentlich nicht so gemeint. Ich will auch keinen Streit vom Zaun brechen, aber irgendwie reibe ich mich an dieser für mich nach wie vor willkürlichen Grenziehung zwischen Transsexuell und Transgender. Offenbar ist ja etwas schlimm daran, als Transgender gesehen zu werden. Das ist vielleicht, was mich am meisten daran stört.

Ich finde auch, dass man Begriffe, die dem Verständnis und der Unterscheidbarkeit dienen, braucht, und dass diese nicht schlecht sind. Wenn beispielsweise ein mit XY-Chromosomen und Penis geborener Mensch sagt "Ich bin Frau", dann spiegelt das zwar möglicherweise das Selbstverständnis wider, aber ist als Information ziemlich ungenau. Man stelle sich mal vor, man schreibt einen Text über Transsexualität und ersetzt die Begriffe "Biofrau" und "Transfrau" alle gleichermaßen durch "Frau". Kein Mensch würde da mehr durchsteigen. Das eine sind eben Begriffe, die man braucht, um das Thema exakt behandeln zu können, und das andere sind Begriffe, die deutlich machen sollen, dass man sich selbst als vollwertige Frau begreift und andere einen auch so begreifen sollen. Letzteres ist völlig legitim, aber will man vernünftig darüber reden, braucht man die differenzierten Begriffe, die einem eben vorhalten, dass man Transfrau und nicht Biofrau ist. Da ist ein Unterschied. Das macht eine Transfrau nicht weniger zu einer Frau, aber es ist eben ein Unterschied. Und dieser Unterschied verschwindet nicht einfach durch eine körperliche Angleichung. Und deswegen kann man durchaus der Auffassung sein, dass eine Transfrau immer eine Transfrau bleibt, ohne dass dem irgendeine negative Bedeutung anhaftet.

PS: Den letzten Absatz könnte man auch "gegen mich" verwenden, weil ich ja die Unterscheidung zwischen Transsexuell und Transgender in der Form anzweifle. Aber darum geht es in diesem Fall gar nicht, sondern um den vehementen Abgrenzungswunsch, dass man völlig anders sei. Transsexuell als konkrete Variante von Transgender würde ich akzeptieren, aber nicht als kompletten Gegenbegriff wie Hund und Katze. Eher als Hund (Trans*) und Schäferhund (Transsexuell).

PPS: Mir ist gerade eine passende Analogie eingefallen. Ersetzen wir Transgender durch Mann und Transsexuell durch "dünner Mann". Nun gehören zu den Männern auch dicke Männer. Und Dicksein wird in der Gesellschaft gering geschätzt. Wenn man nun die dünnen Männer nur als Mann bezeichnet, beklagen diese sich, dass sie dadurch mit den dicken Männern in einen Topf geworfen werden und möglicherweise die gleiche gesellschaftliche Geringschätzung erfahren, solange nicht klar ist, dass sie nicht dick sind. Daher bestehen sie darauf, immer korrekt als dünne Männer bezeichnet zu werden. Aber auch wenn sie das nicht hören möchten, sind es dennoch Männer. Sie können sich als spezielle Variante ("dünn") sehen, aber sie können nicht behaupten, dass sie keine Männer wären.

Und nochmal ganz zum Schluss (boah, ich muss ins Bett) zum Verständnis, was ich mir in meinen US-amerikanischen Quellen angelesen habe:
  • Geschlecht ist nicht nur rein biologisch oder rein sozial, sondern eine Mischung, zu der auch noch weitere Aspekte gehören
  • es spielt überhaupt keine Rolle, ob eine Transfrau ihren Penis verabscheut (und eine Vagina will) oder den Penis mag (und ihn behalten will)
  • von einer Abschaffungsbestrebung von Geschlecht habe ich da nie etwas gelesen
  • ein binäres Selbstverständnis ist genau so legitim wie ein non-binäres
  • non-binäre Eigenschaften widersprechen einer Transkondition nicht
  • alles kann in unterschiedlicher Ausprägung und Zusammenstellung existieren und ist gleichermaßen valide

Und ehe jemand fragt, was denn das für Quellen sind. Ich kann da primär Everyday Feminism und Autostraddle nennen. Diese Sites zählen zu der sog. 4. Feminismuswelle, die ca. 2008-2010 entstanden ist und sich u.a. durch eine explizite Transinklusion auszeichnet. Ich wette, dass die meisten Menschen mit dieser modernsten Form des Feminismus gar nicht vertraut sind und dem Feminismus noch immer Dinge vorwerfen, die eigentlich längst überholt sind.

Mir ist gerade noch eine Analogie eingefallen (bearbeiten kann ich den bestehenden Text anscheinend nicht mehr):
Anmerkung der Moderation. habe den Text hierher übertragen.

Sagen wir mal, die Reptilien unterdrücken die Säugetiere. Die Menschen wollen das nicht länger hinnehmen und verbünden sich mit den anderen Säugetieren, wie Mäusen, Hunden, Pferden und Katzen, nach dem Motto "Gemeinsam sind wir stark!". Sie rufen gemeinsam: "Wir Säugetiere lassen uns nicht länger unterdrücken von euch reptonormativen Unterdrückern! Es muss nicht jeder Schuppen haben und Eier legen!" In dem Kontext ist es sinnvoll, dass man sich mit allen verbündet, die auch zu den Unterdrückten gehören und aus den gleichen Gründen unterdrückt werden. Mit den Mäusen, Hunden, Pferden und Katzen haben sie gemeinsam, dass sie alle Haare haben und lebendigen Nachwuchs gebären - und dafür von den Reptilien unterdrückt werden. Also rufen sie alle gemeinsam stolz: "Wir lieben unser Fell und dass unsere Eier im Körper reifen!" Nun gibt es da aber eine Säugetierart, die es anders macht. Diese will nicht zu den unterdrückten anderen Säugetierarten gehören, weil sie für sich eine Besonderheit ausgemacht hat, die sie beschützen soll vor dem Groll der Reptilien. Und so rufen die Gürteltiere: "Wir haben auch Schuppen! Wir wollen nicht wie die anderen Säugetiere mit Haaren behandelt werden!" Aber die Reptilien lachen die Gürteltiere nur aus: "Ihr legt aber noch immer keine Eier."
Vanessa
 
Beiträge: 303
Registriert: 17. Nov 2015, 14:31
Geschlecht: Frau

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Gast » 28. Nov 2015, 11:23

Es ist schon schade, dass trotz der guten Erklärungen zum Thema (u.a. von Lotty und Frank) der Unterschied zwischen Transgender und Transsexuell nicht verstanden werden will (zumindest diesen Eindruck habe ich nach dem Lesen mancher Posts).

Es geht nicht darum wer besser ist und ob eine GaOP angestrebt wird oder nicht (manchmal gibt es ja auch medizinische Grüne, die gegen diese Sprechen oder den Betroffenen ist das Risiko zu hoch). Transsexuelle Menschen empfinden sich als Mann oder Frau und wollen nichts dazwischen sein. Natürlich gibt es (auch nach operativen Eingriffen) Einschränkungen oder Abweichungen gegenüber "Bio"-Frauen und -Männern. Das ist aber nicht entscheidend. Auch andere Menschen entsprechen nicht immer vollkommen der "Norm". Trotzdem wird diesen keiner ernsthaft absprechen, dass sie Mann oder Frau sind.

Die Vereinnahmung von Transsexuellen für alle möglichen Lebensentwürfen, schein mir eher das Problem zu sein. Nicht alles, was mit "Trans" anfängt, gehört wirklich zusammen.
Gast
 

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Vanessa » 28. Nov 2015, 12:42

Gast hat geschrieben:Transsexuelle Menschen empfinden sich als Mann oder Frau und wollen nichts dazwischen sein.

Und das soll nun Transsexualität definieren? Das sind für mich einfach binäre Transgender (zu denen ich mich auch zähle - ich sehe mich auch als binär an). Von mir aus kann man das Transsexuell nennen (obwohl ich finde, dass der Begriff den Fokus auf die Binärzugehörigkeit nicht deutlich macht), aber das eine schließt das andere nicht aus. Hier wird aber beides immer als sich gegenseitig ausschließender Gegensatz hervorgehoben. Und das kann ich nicht nachvollziehen.

Nachtrag: Ich versuche das gerade noch mal von anderer Seite zu verstehen: Transsexualität ist ja der ältere Begriff, quasi der Ursprungsbegriff. Und früher, als dieser Begriff dominant war, gehörte zu der Thematik auch immer eine GaOP. So wie es ja noch vor 2011 notwendig war, für die Personenstandsänderung eine GaOP zu haben. Transsexualität und GaOP waren also fest miteinander verzahnt, weil davon ausgegangen wurde, dass jemand, der wirklich transsexuell ist, auch eine GaOP haben möchte. Da spielte sicher mit rein, dass man sicherstellen wollte, dass das binäre Gesellschaftssystem trotz der Zugeständnisse an Transsexuelle unangetastet bleibt. So viel zum historischen Hintergrund.

Später fand man jedoch heraus, dass dieser Operationszwang menschenunwürdig ist und hat ihn von oberster Instanz gestrichen. Man hätte ja auch sagen können: Operationszwang ja, aber Ausnahmen für die, die sich aus gesundheitlichen, ethischen oder religiösen Gründen keiner Operation unterwerfen können oder wollen. Damit hätte man den Ausbruch aus dem Binärsystem zumindest weiterhin erschwert. Aber dafür hat man sich nicht entschieden. Stattdessen hat man den ganzen Gatekeeping-Bullshit diesbezüglich komplett gestrichen und damit den Weg zu einer liberaleren Gesellschaft geebnet. Die Anpassungen im DSM 5 und ICD 11 spiegeln das ebenfalls wider.

Inzwischen sind wir so weit in unserer Aufklärung, dass wir nicht mehr willkürliche Unterscheidungen haben zwischen Trans-A, Trans-B und Trans-C, bzw. zumindest keine dieser Gruppen mehr benachteiligen, sondern sie alle gleichermaßen in unsere Arme schließen und willkommen heißen. Binärzugehörigkeit und GaOP-Wunsch sind für mich einfach Attribute ein und desselben Dings, das alle Trans-... umfasst. Und deswegen sind wir alle Trans*.
Vanessa
 
Beiträge: 303
Registriert: 17. Nov 2015, 14:31
Geschlecht: Frau

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon tilly » 28. Nov 2015, 13:47

Hallo Vanessa,

Genau dein letzter Satz macht das Problem sehr deutlich!
Ich habe den OP Wunsch und sehe mich binär.
So will ich nicht in einer Schnittmenge von Menschen gesehen werden die, von Männern mit gelegentlichem Damenwäschefetisch bis Frauen die schon lange alles hinter sich haben (analog auch anders herum), alle in einen Topf wirft!
Zudem denkst du zu kurz, wenn du mal angekommen bist, voll als Frau akzeptiert, vermutlich mit OP,
was dann?
Möchtest du dann noch stolz den Trans-Stern tragen?
Alle auf deine Vergangenheit aufmerksam machen für die du nichts kannst?

Sorry, das Leben ist anders.

Mit liebem Gruß Tilly
Benutzeravatar
tilly
Moderator
 
Beiträge: 848
Registriert: 21. Jan 2015, 23:32
Wohnort: Vaihingen/Enz
Geschlecht: Frau

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Gast » 28. Nov 2015, 14:00

Nein, wir sind in Deinem Sinne nicht alle Trans*.!

Ich habe das Gefühl, dass das Verständnis dafür, das bei transsexuellen Menschen "lediglich" eine Diskrepanz zwischen dem Hirngeschlecht und der "körperlichen Ausstattung" besteht (und das ist letztlich die kurzgefaste Definition von Transsexualität), nicht aufgebracht werden kann oder will. Transsexuelle in dem klassischen Sinn wollen das binäre System nicht aufbrechen, sie sind fest verortet als Mann oder Frau.

Wer sich gerne als etwas dazwischen sieht oder noch andere Ideen hat, gerne. Aber die Transsexuellen gehören nicht dazu. Wer eine liberalere Gesellschaft möchte, kann damit anfangen Transsexuelle als das zu lassen was sie sind und wie sie sich empfinden: Männer und Frauen (mit körperlichen Abweichungen). Und diese nicht für andere Entwürfe zu vereinnahmen.
Gast
 

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Vanessa » 28. Nov 2015, 14:02

Nein, das möchte ich nicht. Aber es ist okay, wenn jemand das möchte. Ich werde mich nicht lautstark abzugrenzen versuchen. Ich bin für Inklusion statt Exklusion.

Du ziehst hier die Grenze zu Fetischisten. Die würde ich auch ziehen. Transvestit enthält zwar auch "trans" und gehört vielleicht nach einer offiziellen Definition auch in den Gesamtkosmos Trans*, aber hier würde ich schon differenzieren. Für mich ist die Geschlechtsidentität¹ ausschlaggebend für die Grenzziehung. Ein Mensch mit XY-Chromosomen und gebürtigem Penis, der sich als Mann sieht und gerne Mann ist, aber gerne ab und zu Frauenkleidung trägt, ist für mich nicht Transgender, weil sein Gender dem körperlichen Geschlecht entspricht. Gender ist für mich, auch wenn es nicht zwangsläufig körperlich im klassischen Sinne ist², nicht einfach etwas, das man sich aussucht oder nach Laune wechseln kann. Ich betrachte mein weibliches Gender als angeboren. Dennoch spreche ich von Gender, weil es sich in so vielen Bereichen äußert, eben auch denen, die als "rein sozial" betrachtet werden.

¹ Den Begriff müssen wir in der Tat wirklich mal genauer definieren. Für mich beinhaltet das einfach alles, was ich an mir als weiblich erlebe und was mir das Gefühl gibt, weiblich und nicht männlich zu sein. Das hat für mich nichts mit Entscheidung zu tun, sondern mit einem Erkennen, wie ich bin.
² Dinge im Gehirn, die man nicht mit bloßem Auge sehen kann, betrachte ich jetzt mal als nichtkörperlich.
Vanessa
 
Beiträge: 303
Registriert: 17. Nov 2015, 14:31
Geschlecht: Frau

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon tilly » 28. Nov 2015, 14:46

Inklusion,
danke wieder ein neues Wort gelernt, klingt schön wissenschaftlich.
Die ist mir wichtig!
Ich will niemanden ausgrenzen, zumal es bei vielen ein oft beschwerlicher Weg ist.
Auch ich war mal ein Damenwäscheträger und dachte ich hätte eben einen Fetisch, nun bin ich ein Stück weiter.
Und an der Stelle machst du eine willkürliche Abgrenzung die du mit Gender definierst......
In der Praxis ist es ein Weg, mal spannend und neu, mal beschwerlich mit der Gefahr von Sackgassen, ein Weg sehr individuell, aber auch mit einem Ziel.
Wer sich zu welchem Punkt wie benennen möchte, soll es tun.
Und wenn ich an meinem Punkt eine Benennung nicht mehr haben will bitte ich das zu respektieren.

Im Sinne der Inklusion immer für eine Diskussion offen, Tilly
Benutzeravatar
tilly
Moderator
 
Beiträge: 848
Registriert: 21. Jan 2015, 23:32
Wohnort: Vaihingen/Enz
Geschlecht: Frau

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Lotty » 28. Nov 2015, 15:05

Vanessa hat geschrieben:Und deswegen sind wir alle Trans*.

Nein wir sind nicht alle Trans*.

Solch eine Aussage widerspricht der Freiheit des Einzelnen sich selbst zu definieren. Es ist eine Fremdzuweisung die zu verurteilen ist.

Schlimm finde ich solche Aussagen wenn sie von Menschen kommen die für sich das Recht in Anspruch nehmen sich selbst geschlechtlich zu definieren, anderen dies jedoch nicht zugestehen. Es ist durchaus legitim sich selbst zu einer Gruppe zugehörig zu fühlen und zu einer anderen Gruppe zu sagen nein dazu gehöre ich nicht.

Wir haben es als Verein auch erlebt wie wir angegriffen wurden weil wir eine Mitgliedschaft nur denen gewähren die ein grundsätzliches Verlangen nach einer Genitalangleichung haben. Offensichtlich ist es dieser Gruppe nicht erlaubt sich zu organisieren. Warum eigentlich nicht. Kann mir das mal jemand erklären?

Zur Geschichte der Begriffe möchte ich einmal auf Begriffe und deren Bedeutung hin weisen. Dort insbesondere auf Transvestitismus, Transsexualität und Transgender. Dieser leidige Versuch Transgender als Oberbegriff zu etablieren ist längst gescheitert und durch Trans* abgelöst. Der wird ebenso scheitern. Vermehrt wird auch dieser Versuch von Menschen mit transsexuellem Hintergrund abgelehnt. Häufig liest man heute schon Trans*Menschen und Transsexuelle.

Es kann einfach nicht funktionieren eine derart inhomogene Gruppen zusammen zu fassen. Denn sobald dann Eigenschaften zugewiesen werden ist es für eine der Gruppen, Transgender oder Transsexuelle eben falsch. Beispiele hierfür sind hier zu finden.

Liebe Grüße
Lotty
Benutzeravatar
Lotty
Administrator
 
Beiträge: 1529
Registriert: 16. Jan 2015, 20:27
Wohnort: Melle
Geschlecht: Frau
Partner/in von: Frank

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Manuela » 28. Nov 2015, 15:19

Ich war nie Trans*
Ich bin nicht Trans*
Ich werde niemals Trans* sein
Wer mich gegen meinen Willen trotzdem in diese Schublade einsortieren will, läuft Gefahr, dass sich tief in mir verborgenes Aggressionspotential den Weg nach außen sucht.

Ich war von Anbeginn eine Frau
Ich bin eine Frau
Ich werde eine Frau bleiben.
Ich hatte niemals das Verlangen als Frau zu leben. Aber ich musste viele Jahrzehnte als Mann leben!
Als Kind spürte ich nur immer deutlicher, dass 'etwas' falsch war (in den 50ern und 60ern fehlten die Impulse und Informationen von außen). Nach kurzer Zeit, die ich die Rolle des Mannes spielte (ja auch Kinder gehörten zu diesem Rollenspiel dazu!!) begann ich meinen männlichen Körper zu verachten, ja zu hassen.
Bis ich an den Punkt kam, an dem ich nur noch die Wahl hatte, zu sterben oder aber endlich mein wahres Leben zu leben. Mit allen Konsequenzen. Hätte mir der Operateur für die GaOP auch nur eine 40%ige Überlebenschance gegeben, ich hätte keine Sekunde gezögert, mich auf den Tisch zu legen.
Jetzt lebe ich mein Leben, glücklich, zufrieden, anerkannt und denke nicht im Traum daran, meine unsägliche Vergangenheit der Allgemeinheit täglich aufs Neue unter die Nase zu reiben.

Mir kommt das kalte Grausen, wenn ich an den - zumindest hier im deuschsprachigen Raum - propagierten Trans*Eintopf denke: "Alles was nicht von Anbeginn an strikt binär ist, ist Trans*"
Alleine schon die unsägliche Vermischung von Geschlecht (tatsächlichem oder auch gefühltem) und sexuellen Vorlieben ist da paradox. Meine sexuellen Vorlieben haben mit meinem Geschlecht genau so viel zu tun wie meine Essensgewohnheiten.

Abschließend fehlt zur Freude der Trans*Gemeinde jetzt wohl nur noch der Umkehrschluss: "Trans* ist normal und alles andere ist pervers"?

Manuela
Der blaue Planet - er ist nicht unser Eigentum - wir haben ihn nur von unseren Kindern und Enkeln geliehen..
Nach 18 Jahren Exil in der Großstadt.. endlich wieder zuhause im Allgäu ;-)
Benutzeravatar
Manuela
 
Beiträge: 100
Registriert: 5. Mai 2015, 22:00
Wohnort: Mainz ist Geschichte.. Wieder zuhause im Ostallgäu.
Geschlecht: Frau
Partner/in von: meiner Frau

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Vanessa » 28. Nov 2015, 15:45

Ich habe gesagt, was ich sagen wollte. Wer das missversteht, missverstehen will oder mich deswegen in die Schublade dieser ominösen "Trans*-Aktivisten" stecken will (ich kenne die nicht und habe mit denen nichts zu tun!), der soll das tun. Ich weiß, dass wir eigentlich auf der selben Seite stehen, aber diese Begriffe entzweien uns irgendwie. Und ehrlich gesagt ist es mir auch egal, wie das alles mal hieß, jetzt heißt oder mal heißen wird, wenn daraus immer so ein Gezanke entsteht. Und dieser ganze Streit zwischen VTSM und DGTI, den ich vor Anmeldung in diesem Forum schon mitbekommen habe, ist für mich einfach nur total überflüssig, weil es nur für Unmut auf beiden Seiten sorgt. Ich stelle mich da auf keine Seite und prangere den Konflikt an sich an. Vielleicht liegt das ja auch einfach an meinem Sternzeichen Skorpion mit Aszendent Waage. Ich möchte zustechend Gleichgewicht erreichen. Ist vielleicht nicht der widerstandsloseste Weg. Und die Situation, in der ich mich jetzt gerade in diesem Thread sehe, kenne ich schon zu genüge aus anderen Foren/Themenbereichen. Ich gebe kontra, wo es meiner Meinung nach zu einseitig gesehen wird. Linken sage ich, dass auch Ausländer schlechte Menschen sein können. Und Rechten sage ich, dass Ausländer auch gute Menschen sein können. Die Gefahr ist nur jedes Mal, dass mich die Linken als rechts sehen und die Rechten als links. Aber ich bin weder noch!

@Manuela: Ich weiß, warum du das so siehst. Das hast du sehr deutlich erklärt. Und das finde ich vollkommen nachvollziehbar. Wir verstehen einfach unter dem Begriff Trans* für uns selbst etwas anderes. All das, was du für dich beschreibst, wird für mich durch Trans* nicht für ungültig erklärt. Und indem ich den Begriff Trans* scheinbar verteidige, erkläre ich deine Aussagen nicht für ungültig! Wenn das so aufgefasst wird, dann kann ich nur sagen, dass es so nicht von mir gemeint ist.

So, und jetzt habe ich wirklich die Nase voll, mich in einen Konflikt einzumischen, der eigentlich gar nicht meiner ist. Ich kann es eben nur nicht so einfach lassen, aus oben beschriebenen Gründen. Sagen alle rot, sag ich blau. Sagen alle blau, sag ich rot. Das hat auch nichts mit "aus Prinzip kontra geben" zu tun, sondern liegt an meinem tiefen Bedürfnis nach Ausgewogenheit und einer neutralen differenzierten Sichtweise.
Vanessa
 
Beiträge: 303
Registriert: 17. Nov 2015, 14:31
Geschlecht: Frau

VorherigeNächste

Zurück zu Soziologie

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 18 Gäste

cron