Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

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Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Lotty » 26. Mai 2015, 16:09

Biologische Wirkfaktoren:
Genetisch biologische Faktoren werden von den Meisten, mit der Materie beschäftigten Personen, als Ursache der Transsexualität angesehen. Obwohl es letztlich nicht gelungen ist einen abschließenden Beweis zu finden gibt es mittlerweile derart viele Indizien dass es geradezu töricht wäre dies zu übersehen. Jedenfalls gibt es derzeit keine andere Erklärung die auch nur annähernd durch Evidenz bewiesen wäre. Bei Transsexualität muss man also von einer neurobiologischen Veranlagung ausgehen. Das Gehirn als Dirigent der Organe, erwartet seinem Geschlecht zugehörige Genitalien.

Soziale Wirkfaktoren:
Jeder von uns ist in dem Geschlechterbild gefangen. Mann gleich Penis, Frau gleich Vagina und mal ganz ehrlich, welche Kriterien sollten wir denn auch sonst bei der Geburt heran ziehen. Nun haben die verschiedenen Kulturen der Weiblichkeit und Männlichkeit bestimmte Verhaltensmuster zugeschrieben. Nicht jeder passt sich diesem jedoch widerspruchslos an. Frauen und Männer mit falschen Geschlechtsmerkmalen versuchen lange Zeit sich dem Verhaltensmuster ihres scheinbaren Geschlechts anzupassen. Aber auch Frauen und Männer mit richtigen Geschlechtsmerkmalen haben das Verlangen ihre gegen geschlechtlichen Verhaltensweisen aus zu leben. Je nach sozialer Wirklichkeit des Betroffenen kann dieses Verlangen jedoch mehr oder weniger unterdrückt sein.

Psychologische Wirkfaktoren:
Vielfach kann diese Zerrissenheit - auf der einen Seite unser wahres Geschlecht - auf der anderen Seite das aufgrund der Genitalien zugewiesene Geschlecht - zu mehr oder weniger starken Störungen und auch Leidensdruck führen. Ebenso kann der unterdrückte Wunsch, aus der dem Geschlecht zugewiesenen sozialen Rolle ausbrechen zu wollen, zu starken psychischen Belastungen führen und ebenfalls einen Leidensdruck produzieren. Je nach psychischer Beschaffenheit kann dies dann unterschiedlich stark in Erscheinung treten. Denken wir einen Moment an zwei Menschen, jeweils auf einen Rollstuhl angewiesen. Mag der eine daran verzweifeln, so kann ein Anderer voller Lebensmut und Freude sein.

Warum es so wichtig ist Transgender und Transsexus deutlich voneinander abzugrenzen?
Die meisten von uns werden schon einmal diesen Satz gehört haben "ich lebe meine Männlichkeit aus". Wir wissen, dass so gut wie jeder Mensch sowohl männliche, als auch weibliche soziale Verhaltensmuster in sich vereint. Dies sollte jedoch nicht mit Geschlecht verwechselt werden. Frauen haben kein Problem ihre Männlichkeit auszuleben, wobei sie dabei jedoch nur in den seltensten Fällen ihr Frau sein in Frage stellen. Männer hingegen sind in ihrer zugewiesenen Rolle geradezu gefangen. Als Mann lässt man seine Weiblichkeit in der Regel nicht nach außen. Auf Dauer kann diese Unterdrückung jedoch zu erheblichen psychischen Problemen führen.

Transsexualität hat eine körperliche Ursachen, Betroffenen leiden unter ihrem falsch ausgebildeten körperlichen Geschlechtsmerkmalen. Natürlich ist der Wechsel der sozialen Rolle ebenso wichtig denn in aller Regel möchte man primär im richtigem Geschlecht anerkannt werden.

Bei einem Transgender liegt die Ursache in der sozialen Rolle. Betroffene möchten in der Rolle leben die üblicherweise dem anderem Geschlecht zugehörig ist. Auch da kann es dann vorkommen das geschlechtsangleichende Maßnahmen gewünscht werden um diesen Rollenwechsel besonders perfekt zu erleben.

Wir erkennen das es im Ende sowohl bei der Transsexualität als auch bei dem Transgenderismus zu den gleichen Wünschen kommen kann. Wechsel der sozialen Rolle und geschlechtsangleichende Maßnahmen. Bei der Transsexualität aufgrund der falschen Geschlechtsmerkmale und bei Transgender aufgrund der falsch empfundenen sozialen Rolle.

Dieses Wissen um den Unterschied ist sehr wichtig. Gerade weil es über alle Maßen schwer ist heraus zu bekommen wo nun das eigentliche Problem liegt. Denn selbst eine Unzufriedenheit mit den eigenen Genitalien ist kein sicheres Indiz für Transsexualität. Diese Unzufriedenheit kann durchaus auch andere Gründe haben. Ebenso wichtig ist auch die Erkenntnis dass ein Wechsel der Geschlechterrolle oder eine Angleichung der Genitalien an das wahre Geschlecht kein Problemlöser ist.

Liebe Grüße
Lotty
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Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Gast » 30. Mai 2015, 15:43

Lotty hat geschrieben:Biologische Wirkfaktoren:
Genetisch biologische Faktoren werden von den Meisten, mit der Materie beschäftigten Personen, als Ursache der Transsexualität angesehen. Obwohl es letztlich nicht gelungen ist einen abschließenden Beweis zu finden gibt es mittlerweile derart viele Indizien dass es geradezu töricht wäre dies zu übersehen. Jedenfalls gibt es derzeit keine andere Erklärung die auch nur annähernd durch Evidenz bewiesen wäre. Bei Transsexualität muss man also von einer neurobiologischen Veranlagung ausgehen. Das Gehirn als Dirigent der Organe, erwartet seinem Geschlecht zugehörige Genitalien.


Dazu habe ich eine Frage: "muss" man das oder "kann" man davon ausgehen, gegebenenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit und auf Grund des aktuellen Kenntnisstandes?


Soziale Wirkfaktoren:
Jeder von uns ist in dem Geschlechterbild gefangen. Mann gleich Penis, Frau gleich Vagina und mal ganz ehrlich, welche Kriterien sollten wir denn auch sonst bei der Geburt heran ziehen. Nun haben die verschiedenen Kulturen der Weiblichkeit und Männlichkeit bestimmte Verhaltensmuster zugeschrieben. Nicht jeder passt sich diesem jedoch widerspruchslos an. Frauen und Männer mit falschen Geschlechtsmerkmalen versuchen lange Zeit sich dem Verhaltensmuster ihres scheinbaren Geschlechts anzupassen. Aber auch Frauen und Männer mit richtigen Geschlechtsmerkmalen haben das Verlangen ihre gegen geschlechtlichen Verhaltensweisen aus zu leben. Je nach sozialer Wirklichkeit des Betroffenen kann dieses Verlangen jedoch mehr oder weniger unterdrückt sein.

Psychologische Wirkfaktoren:
Vielfach kann diese Zerrissenheit - auf der einen Seite unser wahres Geschlecht - auf der anderen Seite das aufgrund der Genitalien zugewiesene Geschlecht - zu mehr oder weniger starken Störungen und auch Leidensdruck führen. Ebenso kann der unterdrückte Wunsch, aus der dem Geschlecht zugewiesenen sozialen Rolle ausbrechen zu wollen, zu starken psychischen Belastungen führen und ebenfalls einen Leidensdruck produzieren. Je nach psychischer Beschaffenheit kann dies dann unterschiedlich stark in Erscheinung treten. Denken wir einen Moment an zwei Menschen, jeweils auf einen Rollstuhl angewiesen. Mag der eine daran verzweifeln, so kann ein Anderer voller Lebensmut und Freude sein.

Warum es so wichtig ist Transgender und Transsexus deutlich voneinander abzugrenzen?
Die meisten von uns werden schon einmal diesen Satz gehört haben "ich lebe meine Männlichkeit aus". Wir wissen, dass so gut wie jeder Mensch sowohl männliche, als auch weibliche soziale Verhaltensmuster in sich vereint. Dies sollte jedoch nicht mit Geschlecht verwechselt werden. Frauen haben kein Problem ihre Männlichkeit auszuleben, wobei sie dabei jedoch nur in den seltensten Fällen ihr Frau sein in Frage stellen. Männer hingegen sind in ihrer zugewiesenen Rolle geradezu gefangen. Als Mann lässt man seine Weiblichkeit in der Regel nicht nach außen. Auf Dauer kann diese Unterdrückung jedoch zu erheblichen psychischen Problemen führen.

Transsexualität hat eine körperliche Ursachen, Betroffenen leiden unter ihrem falsch ausgebildeten körperlichen Geschlechtsmerkmalen. Natürlich ist der Wechsel der sozialen Rolle ebenso wichtig denn in aller Regel möchte man primär im richtigem Geschlecht anerkannt werden.


Dazu habe ich die Frage: Oben wurde festgestellt, dass die Ursachen sehr wahrscheinlich neurobiologischer Art sind. Dem widersprechend lese ich nun, dass die Ursachen körperlicher Art sind. Kann es sein, dass man hier "Ursachen" ersetzen müsste bzw. sollte? Oder besser noch, diesen ersten Satzteil ersatzlos streichen, denn im zweiten Satzteil ist die Krux vortrefflich beschrieben.


Bei einem Transgender liegt die Ursache in der sozialen Rolle. Betroffene möchten in der Rolle leben die üblicherweise dem anderem Geschlecht zugehörig ist. Auch da kann es dann vorkommen das geschlechtsangleichende Maßnahmen gewünscht werden um diesen Rollenwechsel besonders perfekt zu erleben.


Meine weitere Frage: Demzufolge wäre wo genau die Differenzierung zwischen Transsexualität und Transgender zu sehen?
Ich denke, dass TS und TG unterschiedlich ist und daher nicht gleichzusetzen ist. Gleichwohl sehe ich, dass TG mitunter auch die Epilation oder einen Brustaufbau (jeweils bei MzF) durchführen. Meintest du dies vielleicht mit geschlechtsangleichenden Maßnahmen bei Transgendern?



Wir erkennen das es im Ende sowohl bei der Transsexualität als auch bei dem Transgenderismus zu den gleichen Wünschen kommen kann. Wechsel der sozialen Rolle und geschlechtsangleichende Maßnahmen. Bei der Transsexualität aufgrund der falschen Geschlechtsmerkmale und bei Transgender aufgrund der falsch empfundenen sozialen Rolle.


Auch wegen dieser Textstelle ergibt sich für mich die Frage: Worin liegt denn nun der Unterschied zwischen TS und TG deiner Meinung nach. Als interessierte Außenstehende (Gast) wäre für mich noch interessant wie das Forum bzw. deren Leitung diese Frage beantworten würde.



Dieses Wissen um den Unterschied ist sehr wichtig. Gerade weil es über alle Maßen schwer ist heraus zu bekommen wo nun das eigentliche Problem liegt. Denn selbst eine Unzufriedenheit mit den eigenen Genitalien ist kein sicheres Indiz für Transsexualität. Diese Unzufriedenheit kann durchaus auch andere Gründe haben. Ebenso wichtig ist auch die Erkenntnis dass ein Wechsel der Geschlechterrolle oder eine Angleichung der Genitalien an das wahre Geschlecht kein Problemlöser ist.

Liebe Grüße
Lotty



Ich bedanke mich bereits jetzt für ein Zulassen meines Beitrages und für eventuelle Antworten und Reaktionen auf meine oben eingefügte Fragen und Kommentare.
Gast
 

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Lotty » 30. Mai 2015, 21:12

Hallo Gast,

zuerst einmal wäre es natürlich schön wenn auch ein Name zu den Frage stehen würdet. So ist es doch recht eigenartig mit Anonymus zu reden. Aber was soll es, ich werde die Fragen versuchen zu beantworten.

Gast hat geschrieben:Dazu habe ich eine Frage: "muss" man das oder "kann" man davon ausgehen, gegebenenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit und auf Grund des aktuellen Kenntnisstandes?
Das ist wohl eher eine rhetorische Frage, denn niemand kann zu etwas gezwungen werden, das wissen wir doch beide. Es ist wie ich es schrieb, es gibt keine abschließenden Beweise aber viele Indizien. Andererseits gibt es keine andere Erklärung die auch nur annähernd durch Evidenz zu belegen wäre. Somit kann man wohl davon ausgehen das die Lösung die Richtige ist, für die diese Indizien sprechen.

Gast hat geschrieben:Dazu habe ich die Frage: Oben wurde festgestellt, dass die Ursachen sehr wahrscheinlich neurobiologischer Art sind. Dem widersprechend lese ich nun, dass die Ursachen körperlicher Art sind. Kann es sein, dass man hier "Ursachen" ersetzen müsste bzw. sollte? Oder besser noch, diesen ersten Satzteil ersatzlos streichen, denn im zweiten Satzteil ist die Krux vortrefflich beschrieben.
Auch dies ist eine recht merkwürdige Frage. Die Neurobiologie befasst sich mit dem Aufbau des Nervensystems also mit einem Teil des Körpers. Demzufolge ist die neurobiologische Ursache der Transsexualität ein körperliches Problem. Wo da ein Widerspruch sein soll, sehe ich beim bestem Willen nicht.

Gast hat geschrieben:Meine weitere Frage: Demzufolge wäre wo genau die Differenzierung zwischen Transsexualität und Transgender zu sehen? Ich denke, dass TS und TG unterschiedlich ist und daher nicht gleichzusetzen ist. Gleichwohl sehe ich, dass TG mitunter auch die Epilation oder einen Brustaufbau (jeweils bei MzF) durchführen. Meintest du dies vielleicht mit geschlechtsangleichenden Maßnahmen bei Transgendern?
Transgenderismus ist eine psychische Problematik also eine Frage der Sozialisation, der Erfahrungen oder ähnlichem. Transsexualität hingegen ist eine pränatal angelegte Körper-Diskrepanz zu dem im Gehirn fest verankerten Wissen um das richtige Geschlecht.

Mit dem Wunsch geschlechtsangleichender Maßnahmen bei MZF Transgender meine ich in erster Linie solche OP's die jemanden weiblicher erscheinen lassen. Also Brustaufbau, Bartepi, FFS und in seltenen Fällen auch die Genitalangleichung. Bei FZM Transgendern entsprechend. Diese OP's entspringen bei Transgendern dem Wunsch die soziale Rolle besonders überzeugend leben zu können.

Gast hat geschrieben:Auch wegen dieser Textstelle ergibt sich für mich die Frage: Worin liegt denn nun der Unterschied zwischen TS und TG deiner Meinung nach. Als interessierte Außenstehende (Gast) wäre für mich noch interessant wie das Forum bzw. deren Leitung diese Frage beantworten würde.
Der Unterschied wurde bereits beschrieben. Bei Transgender besteht das Unbehagen ursächlich in der sozialen Rolle, bei Transsexuellen besteht eine Diskrepanz zum Geschlechtskörper, hier insbesondere dem Genital. Wer mit seinen Genitalien soweit zufrieden ist kann sicher sein nicht transsexuell zu sein. Schwieriger wird es wenn der Wunsch nach genitalangleichenden Maßnahmen vorliegt. Dann mag es im Einzelfall schwer sein festzustellen ob dies wirklich eine im Gehirn verschaltete Erwartung ist oder der besonders stark ausgeprägter Wunsch die soziale Rolle besonders gut leben zu können. Solange ein Mensch mit dem Ergebnis auf Dauer glücklich ist soll es egal sein aber was wenn nicht?

Zum letztem Teil der Frage, hier kann ich natürlich nur für mich sprechen. Ich unterscheide da sehr deutlich zwischen der politischen Aussage und der Beratung bzw. Hilfe zur Selbsthilfe. Bei der Beratung geht es weniger darum wie irgendwas heißt sondern eher darum was für die betreffende Person richtig ist und womit sie glücklich wird und zwar auf Dauer. Meiner Meinung nach ist es aber sehr wichtig zu wissen das es zwei verschiedene Ursachen gibt. Einmal die Diskrepanz der sozialen Rolle, zum anderen die Diskrepanz zum Geschlechtskörper.

Ich hoffe die Fragen ausreichend beantwortet zu haben und liebe Grüße
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Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon waldwichtel » 8. Jun 2015, 20:19

Lotty hat geschrieben:Frauen und Männer mit falschen Geschlechtsmerkmalen versuchen lange Zeit sich dem Verhaltensmuster ihres scheinbaren Geschlechts anzupassen. Aber auch Frauen und Männer mit richtigen Geschlechtsmerkmalen haben das Verlangen ihre gegen geschlechtlichen Verhaltensweisen aus zu leben. Je nach sozialer Wirklichkeit des Betroffenen kann dieses Verlangen jedoch mehr oder weniger unterdrückt sein.[...]
Transsexualität hat eine körperliche Ursachen, Betroffenen leiden unter ihrem falsch ausgebildeten körperlichen Geschlechtsmerkmalen. Natürlich ist der Wechsel der sozialen Rolle ebenso wichtig denn in aller Regel möchte man primär im richtigem Geschlecht anerkannt werden.
[...]
Transgenderismus hat die Ursache in der sozialen Rolle. Betroffene möchten in der Rolle leben die üblicherweise dem anderem Geschlecht zugehörig ist. Auch da kann es dann vorkommen das geschlechtsangleichende Maßnahmen gewünscht werden um diesen Rollenwechsel besonders perfekt zu erleben.

Sorry - aber es gibt Transgender, die nach vielen Jahren des Crossdressings, in der sie der Meinung waren, Männer zu sein, dann sich doch sicher sind: Ich bin eine Frau und ich brauche Hormone und ggf. mehr. D.h. zunächst einmal versuchen sie "nur" die soziale Rolle zu ändern - aber irgendwann kommt der Punkt, wo sie mehr wollen. Sind das dann transsexuelle Menschen? Wie will man das streng voneinander abgrenzen, wenn es im Alltag fließende Übergänge gibt? Wirkt nicht das Gehirn letztlich sowohl auf das soziale Verhalten (gender) wie auch auf das biologische Wissen, wer man ist und steht nicht beides in Wechselwirkung? Wenn Du das strikt abgrenzt: Womit willst Du diese Abgrenzung wissenschaftlich begründen?
Lotty hat geschrieben:Ich denke, dass TS und TG unterschiedlich ist und daher nicht gleichzusetzen ist. Gleichwohl sehe ich, dass TG mitunter auch die Epilation oder einen Brustaufbau (jeweils bei MzF) durchführen. Meintest du dies vielleicht mit geschlechtsangleichenden Maßnahmen bei Transgendern?

Also - warum "denkst" du, aber argumentierst nicht, wie der Unterschied wissenschaftlich zu sehen ist? Neurowissenschaftler wie Dr. Haupt sehen den Unterschied keineswegs so klar, wenn man seine Aufsätze liest.
Lotty hat geschrieben:Wir erkennen das es im Ende sowohl bei der Transsexualität als auch bei dem Transgenderismus [b]

Wieso sprichst Du von "Transgenderismus" und nicht von Transgender? "Transgenderismus" ist ein Schimpfwort der Bildungsplangegner und gewisser Rechtspopulisten, aber kein neutraler Begriff...
LG
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Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Frank » 8. Jun 2015, 22:29

Lieber Waldwichtel,

Fakt ist schlicht das es Menschen gibt die sich als "transsexuell aber nicht Transgender" bezeichnen. Dies ist eine zu Respektierende Selbstbezeichnung. Ob Dr. Haupt da irgendwelche Unterschiede sieht oder nicht sieht, ist dabei Irrelevant, es zählt einfach der Fakt. Ebenso ist die These mit den "fließenden Übergängen" eine Theorie.

Von Transgenderaktivisten stammt die Behauptung das "Manche Transgender geschlechtsangleichende Maßnahmen, inklusive Genitalangeichungen benötigen um die Rolle / das Gender perfekt einnehmen zu können. Dies widerspricht dem was Menschen die sich als "transsexuell aber nicht Transgender" bezeichnen wollen. Diese Gruppe sagt über sich selbst das es vor allem die falschen primären und sekundären körperlichen Geschlechtsmerkmale sind die sie als Falsch erleben.

Der Unterschied zwischen sozialer/rechtlicher Geschlechtsrolle und körperlicher Geschlechtlichkeit ist also ganz offensichtlich der Unterscheidende Punkt. Solange man mit diesem Unterschied gleichwertig und gleichberechtigt umgeht, bleibt daher nur die Tatsache an zu erkennen, dass es sowohl Transsexuelle als auch Transgender gibt.

Transgenderismus ist nach meinem Erleben die Bezeichnung einer Gruppenbewegung die sich gegen die Akzeptanz von "Transsexualität als Übergangsphase mit eindeutiger Orientierung im Binären Geschlechtermodell" ausspricht. Hier wird dann auch davon geredet die binären Geschlechterbezeichnungen Frau und Mann abschaffen zu wollen. Geschlechtliche Vielfalt jedoch - zumindest echte Vielfalt! - kann es nicht geben wenn diese Geschlechterbezeichnungen abgeschafft, gestrichen, verleugnet oder sonst wie aus der Vielfalt herausgenommen wird. Denn Vielfalt bedeutet "Alles was möglich oder gewünscht ist", daher ist auch Cis-Geschlechtlichkeit ebenso wie transsexuelle Vergangenheit, Bestandteil der geschlechtlichen Vielfalt.

Was die Bildungsplangegner und Rechtspopulisten betrifft - schon mal daran gedacht dass diese Menschen zu genau der binären Cis-Geschlechtlichkeit gehören die ja "Abgeschafft werden soll"? "Genderwahn" - ist nun mal die durchaus heftige aber auch berechtigte Abwehr gegen "Wir schaffen die Geschlechter ab"! Dann erscheint es mir aber auch so als ob bestimmte Kreise alle Meinungen die ihnen nicht in den Kram passen in die rechte Ecke schieben. Ich denke das dies kein guter Stiel ist mit anders denkenden umzugehen.

Und um nochmal auf deine Fragen zurück zu kommen::
Wirkt nicht das Gehirn letztlich sowohl auf das soziale Verhalten (gender) wie auch auf das biologische Wissen, wer man ist und steht nicht beides in Wechselwirkung? Wenn Du das strikt abgrenzt: Womit willst Du diese Abgrenzung wissenschaftlich begründen?

Wissenschaftlich läßt es sich nicht begründen, wohl aber die Annahme widerlegen, dass man das "biologische Wissen" durch "Erziehung" verändern könnte, ich glaube Money und der Fall „John/Joan“ ist bekannt genug dafür oder?

Liebe Grüße,
Frank
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Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon tilly » 8. Jun 2015, 22:59

Ja, ich für mich sehe das auch recht pragmatisch.

Wieso, weshalb, warum... ?
Da kann ich lange fragen, da bleib ich dumm!

In diesem Sinne hilft es mir viel mehr meinem Bauchgefühl zu folgen das schon immer versuchte mir klar zu machen dass ich ein Mädchen bin.
Ja, und eine Frau mit Penis?
Das bekomme ich nicht gebacken, zumindest für mich nicht.
Und wie andere leben wollen, ist nicht mein Ding.

Deshalb sehe ich das ganze pseudo wissenschaftliche Menschen in Schubladen stecken sehr kritisch.
Ich habe meine gefunden, aber dazu musste ich auch mal wechseln.

Mit liebem Gruß Tilly
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Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Sommerblümchen » 20. Jun 2015, 12:42

Hallo Forum,

beim Lesen eurer Beiträge, erhalte ich den Eindruck, dass das Geschlechtsempfinden unabhängig vom Genital sei. Dies irritiert mich :-k

Transgender sind z.B. "Permanent-Penis-Träger", die vorgeben eine Frau zu sein. Bei Transsexuellen hingegen muss mittelfristig die Angleichung des Körpers an die im Hirn manifestierte Körperlandkarte erfolgen. Bei MzF-TS hat diese Körperlandkarte keinen Penis, sondern eine Vagina. Soweit sind wir hoffentlich einer Meinung.

Vor diesem Hintergrund entsteht meine Irritation. Daher frage ich euch:
Warum segeln so viele Männer unter falscher Flagge?
Warum geben TG vor, TS oder gar eine Frau zu sein? :-s
Sommerblümchen
 

Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon tilly » 20. Jun 2015, 14:29

Hallo Sonnenblümchen

Nun, du hast eine Frage gut auf den Punkt gebracht!
Wenn ich sie dir beantworten könnte währe ich wohl auch ein Stückchen schlauer.
Ich kapier es auch nicht warum so viele sich als Frau sehen aber mit ihrem Genital kein Problem haben.

Mit liebem Gruß Tilly
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Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon Manuela » 20. Jun 2015, 16:39

Sommerblümchen hat geschrieben:[…]Vor diesem Hintergrund entsteht meine Irritation. Daher frage ich euch:
Warum segeln so viele Männer unter falscher Flagge?
Warum geben TG vor, TS oder gar eine Frau zu sein?

Trotz der ungeliebten Pathalogisierung stehen uns TS prinzipiell alle Wege offen. Von der gesetzlichen (VÄ/PÄ per TSG) über die medizinische Seite (Hormonbehandlung, GaOP, Epilation, Brustaufbau, Mastektomie.. etc.) ist für uns theoretisch fast alles möglich.
Ein/e/x TG hingegen ist von all diesem jedoch ausgeschlossen. Um irgendetwas zu erhalten, muss sie/er/x sich selbst zu TS erklären, damit die Leistungen zugänglich werden.
Meiner bescheidenen Meinung nach ist auch genau dieses der Grund, weshalb die TG-Gruppierungen so viel Wert darauf legen, uns TS zu vereinnahmen und gleichzuschalten. Die Hoffnung, durch uns als Türöffner, ebenfalls in den problemlosen Genuss der staatlichen und medizinischen Leistungen zu kommen.

Es ist eben doch ein sehr großer Unterschied, ob jemand sagt:
"Ich will/möchte eine Frau/ein Mann sein/werden" oder "Ich BIN eine Frau/ein Mann"

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Nach 18 Jahren Exil in der Großstadt.. endlich wieder zuhause im Allgäu ;-)
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Re: Das Biopsychosoziales Modell des Geschlechtsempfinden.

Beitragvon tilly » 21. Jun 2015, 00:12

Danke Manuela

Das leuchtet mir wirklich ein!
Ja, und mittlerweile habe ich auch schon mit einigen "Frauen" die irgendwie dazwischen hängen reden können.
So versuche ich nun die Kernaussagen zusammenzutragen:
-Ich kann aufgrund meines Job´s / sozialer Stellung,/ Verpflichtung, nicht weiter.
-Meine Frau/ Lebenspartnerin/ Partner kann das nicht akzeptieren.
-Der Respekt vor Eltern, oder Kindern ist zu groß.
-Ich habe Angst vor der OP, sei es medizinisch begründet oder rational merkwürdig.
-Männliche Kastrationsängste, dann bin ich nichts mehr, auch keine richtige Frau.
-Die 100% Sicherheit fehlt (noch).
-Ich habe gerne einen Orgasmus, und kann mir nicht vorstellen darauf verzichten zu müssen.
-Jetzt lebe ich schon seit zig Jahren als frei laufende Transe, mir geht es gut, da brauche ich keine OP.
-Ich bin eine Frau, und was ich zwischen den Beinen habe ist meine private Angelegenheit.

So wie es mir erscheint ist nicht alles logisch, und die Grenzen sind fliesend.
Daher kann ich auch der einfachen Gleichung GaOP ja=real TS nicht zustimmen.
Die Wirklichkeit ist vielfältiger.

Mit liebem Gruß Tilly
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