Kein Abschlussbericht der IMAG?

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Kein Abschlussbericht der IMAG?

Beitragvon Lotty » 21. Sep 2017, 18:01

Zum Ende der Legislaturperiode hat das Bundesfamilienministerium ein Positionspapier zum Schutz und zur Akzeptanz von geschlechtlicher Vielfalt veröffentlicht. Die Erkenntnisse aus vier Jahren Gleichstellungspolitik zeigen: Vor allem in den Bereichen Recht, Beratung und Akzeptanzförderung besteht weiterhin Handlungsbedarf.

Die Regierungsparteien haben sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität in allen gesellschaftlichen Bereichen zu beenden.......
Um diese Ziele zu erreichen, hat das Bundesfamilienministerium 2014 eine interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) zur Situation inter- und transgeschlechtlicher Menschen unter seinem Vorsitz eingerichtet........
Ein gemeinsames Ergebnispapier der IMAG wurde angestrebt, konnte zwischen den beteiligten Ressorts jedoch nicht erzielt werden.


In diesem Zusammenhang verweise ich dann einmal auf einen Auszug auf die Antwort der CDU/CSU auf unsere Anfrage zur Wahlhilfe:

"Auch bei der Verbesserung der Gesundheitsversorgung originär transsexueller Menschen halten CDU und CSU es für angebracht, vor der Erörterung von Einzelmaßnahmen den Abschlussbericht der interministeriellen Arbeitsgruppe abzuwarten, um dann alle möglichen und sinnvollen zu treffenden Maßnahmen im Gesamtpaket zu diskutieren."


LG Lotty
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Re: Kein Abschlussbericht der IMAG?

Beitragvon Henrike » 21. Sep 2017, 20:24

Hallo,

es gibt einen Abschlussbericht: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/pu ... alt/112294

Allerdings ist das nur ein Bericht - Ergebnisse wurden nicht mehr politisch weiterverfolgt und schon gar nicht in irgendeiner Form umgesetzt.
Henrike
 

Re: Kein Abschlussbericht der IMAG?

Beitragvon Frank » 22. Sep 2017, 06:33

Das ist kein Abschlussbericht der IMAG den du verlinkt hast liebe Henrike,
das ist ein Positionspapier des BMFSFJ.

Vielleicht ist es dabei nun relevant zu sehen worin liegt eigentlich der Unterschied?
Die IMAG war/ist als MInisterienübergreifende Arbeitsgruppe dazu da verschiedene politische Bereiche miteinander ins Gespräch zu bringen und damit zu gemeinsamen Zielen in den Bereichen Gesundheit, Recht und Soziales/Geselschaftspolitik zu kommen, die in einem Abschlußbericht dieser Inter Ministeriellen Arbeits Gruppe erarbeitet und auch als Ziele formuliert an den Bundestag, die Parteien und in die Gesellschaft gegeben werden.

Das BMFSFJ hingegen ist das Ministerium welches sich nur auf den sozialen bzw. gesellschaftspolitischen Bereich konzentriert.
Es kann natürlich Empfehlungen in einem Positionspapier aussprechen, aber diese haben in Bundestag und Bundesrat bei weitem nicht die gleiche Gewichtung wie es ein Abschlussbericht der IMAG hätte.
Dieser Unterschied wird auch in der von Lotty verlinkten Antwort der CDU/CSU Fraktion deutlich, wo direkt auf diesen Abschlussbericht verwiesen wird.

Und hier kommen die relevanten Bedarfe ins Spiel:
Bedarfe auf rechtlicher Ebene - sind nur über die Gesetzgebung änderbar.
Bedarfe auf gesundheiticher Ebene - sind nur im Zusammenhang mit Gesundheitspolitik vom "Gatekeeperverfahren" zu lösen.

Fazit: Dadurch das es keinen gemeinsamen Abschlußbericht der IMAG gibt, sondern nur ein Positionspapier des BMFSFJ ist selbst der darin enthatende Empfehlungscharakter nur bedingt für Politik, das Gesundheitssystem und die Gesellschaft relevant.

Liebe Grüße,
Frank
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Re: Kein Abschlussbericht der IMAG?

Beitragvon Lotty » 25. Sep 2017, 14:10

Nun ist die Wahl vorbei und die CDU hat die Aufgabe der Regierungsbildung. Denkbar sind zwei Varianten CDU/CSU-SPD oder CDU/CSU-FDP-Grün. Die SPD redet davon die Opposition anzuführen und fällt demnach wohl aus (naja wenn sie dabei bleiben). Was haben nun diese Parteien auf unsere Frage 2, die sich auf die Thematik der rechtlichen Maßnahmen und Bewilligung der somatischen Behandlungen bezieht.

Unsere Frage 2: Sowohl die Voraussetzungen für die rechtlichen Maßnahmen, als auch für die Bewilligung der somatischen Behandlungen, sind derzeit Prozesse voller Willkür. Je nachdem, an welchen Sachbearbeiter, Gutachter oder an welches Gericht jemand gerät, sind die Schwierigkeiten, Wartezeiten und Kosten sehr unterschiedlich, und nicht vorhersehbar. Die therapeutische Begleitung erfüllt dabei nicht den Zweck der Abklärung eventueller Unsicherheiten, sondern verlangt vielmehr eine "Beweisführung", die von der unabdingbaren Selbstreflexion ablenkt, ja geradezu ein (Wohl-)Verhalten evoziert, das versucht, der Erwartungshaltung des Therapeuten gerecht zu werden.
Was gedenkt Ihre Partei hier zu unternehmen, dass der Prozess der Transition für Betroffene berechenbar wird, und die therapeutische Begleitung tatsächlich den Zweck der Hilfestellung erfüllt?

Antworten der Parteien:
CDU/CSU - Das geltende Transsexuellengesetz ist in seinen wesentlichen Grundzügen inzwischen fast dreißig Jahre alt. Es entspricht nicht mehr in jeder Hinsicht aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen. Deshalb wurde im September 2014 eine Interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) unter Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eingerichtet. Diese hat zu den Themenfeldern zwei Gutachten in Auftrag gegeben, die am 16.02.2017 öffentlich vorgestellt und diskutiert wurden. Der Abschlussbericht war für den für Sommer 2017 vorgesehen. In einer am 2. Juni 2017 gefassten Entschließung hat der Bundesrat die Bundesregierung nunmehr aufgefordert, das geltende Transsexuellengesetz vor Veröffentlichung der Ergebnisse dieses Abschlussberichtes aufzuheben und durch ein modernes Gesetz zu ersetzen. Nach der Überzeugung der CDU und CSU sollte das Ergebnis des noch ausstehenden Abschlussberichts abgewartet werden, zumal sich ggf. personenstandsrechtliche Folgefragen ergeben werden. Im Ergebnis unterstützen die CDU und CSU jedoch das Vorhaben, das Transsexuellengesetz, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auf eine neue zeitgemäße Grundlage zu stellen.

FDP - Wir Freie Demokraten halten die Begutachtungspflicht für unangemessen, diskriminierend und überflüssig. Einzig die informierte Willensentscheidung der transitionswilligen Person, muss ausschlaggebend für den Angleichungsprozess sein.

Grün - Seit Jahren fordern wir eine Abschaffung des veralteten Transsexuellengesetzes das nach über 30 Jahren nicht dem Stand der Wissenschaft entspricht und die Menschenrechte von transsexuellen Personen mit Füßen tritt. Daher haben wir ein modernes Selbstbestimmungsgesetz vorgeschlagen, dessen Leitbild die persönliche Freiheit und nicht irgendwelche Ordnungsvorstellungen über die Geschlechter ist. Es ist höchste Zeit, dass die tatsächliche Vielfalt von Geschlechtern akzeptiert wird, anstatt transsexuelle Menschen in vorgegebene Raster zu pressen und ihnen das Leben schwerzumachen. Wir wollen das Verfahren für die Änderung der Vornamen und Berichtigung des Geschlechtsein-trages deutlich vereinfachen und nur vom Geschlechtsempfinden des Antragstellers abhängig machen. Die Transsexualität kann nicht diagnostiziert werden, nur die Antrag stellende Person selbst kann letztlich über ihr Geschlecht Auskunft geben. Es wird zudem auf die Anrufung eines Gerichts verzichtet. Der Antrag ist bei den Standesämtern zu stellen, so dass die Berichtigung im Rahmen eines Verwaltungsaktes unbürokratisch erfolgen soll. Sobald die menschenunwürdige Begutachtungspraxis abgeschafft wird, kann die therapeutische Begleitung tatsächlich den Zweck der Hilfestellung erfüllen und der Prozess der Transition für Betroffene berechenbarer werden.

SPD - Es ist Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, allen Versicherten diskriminierungsfrei und bedarfsorientiert Zugang zu den notwendigen medizinischen Leistungen zu gewähren. Krankenkassen haben die Versorgung außerdem nach dem allgemeinen Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse sicherzustellen. Konkret heißt das: Die Begutachtungsrichtlinien müssen dem aktuellen Wissensstand entsprechen, die Prüfung dürfen das im Einzelfall für die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Operation notwendige Maß nicht überschreiten und Ärzt*innen, Gutachter*innen, Richter*innen, Krankenkassen- und Verwaltungsmitarbeiter*innen müssen zum Thema Transsexualität fort- und weitergebildet sein. Außerdem spielt hierbei auch die Haltung der Gesellschaft insgesamt zu Fragen der Transsexualität eine wesentliche Rolle, die auch in unser Gesundheitswesen ausstrahlt. Dass wir hier noch sehr viel zu tun haben, zeigt auch die Fragestellung. Der Bundesgesetzgeber hat für die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Sicherstellung einer bedarfsorientierten Versorgung für alle Patientinnen und Patienten und damit auch von originär transsexuellen Patientinnen und Patienten zu sorgen. Diesen Rahmen konkret auszugestalten, obliegt den Krankenkassen, den Leistungserbringern, den medizinischen Fachgesellschaften, der gemeinsamen Selbstverwaltung, den Patient*innen-Vertretungen. Die SPD wird sich in die dort weiterhin notwendigen Prozesse zum Abbau von Vorurteilen, Vorbehalten und Ablehnung gegenüber originär transsexuellen Menschen weiter aktiv einbringen und Diskriminierung sowie Stigmatisierung wo immer das möglich ist, entschlossen entgegentreten.
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