Ein neuer "Wurf" des TagesspiegelsWas bedeutet Transgender
„Diese heterosexuelle Norm verlangt, dass das Auftreten einer Person mit bestimmten körperlichen Merkmalen übereinstimmen muss. „
„Das Wort „Transgender“ wird aber auch im ganz weiten Sinne verwendet. So nehmen es auch schon viele Lesben und Schwule für sich in Anspruch, weil sie mit ihrem Rollenverhalten, ihrer Bekleidung oder ihrem Empfinden nicht dem entsprechen, was sich die Mehrheitsgesellschaft unter dem Verhalten „richtiger Frauen“ und „richtiger Männer“ vorstellt, weil sie also die von der Mehrheit gesetzten Geschlechtergrenzen überschreiten. „
http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/das-queer-lexikon-was-bedeutet-transgender/12167660.html#commentInputSo lustig das auf den ersten Blick wirken mag, so richtig ist aber diese logische Fortführung des Gedankens
bezüglich Transgender – als Geschlechterrollenwechsel.
Gemäß der heterosexuellen Norm ist das binäre Geschlechtssystem und die heterosexuelle Orientierung die
soziale Norm. Die Geschlechterrollen sind demnach ebenso innerhalb dieser sozialen Norm entsprechend
zugeordnet.
Da erscheint es folglich nur als konsequent, eine homosexuelle Orientierung außerhalb dieser sozialen Norm
von Geschlechterrollen zu sehen und Menschen mit dieser Thematik als Transgender zu bezeichnen.
Genau genommen wären dann z.B. auch Männer, die einen Kinderwagen schieben, als Transgender zu sehen
oder auch Frauen, die mit Bohrmaschinen hantieren. Spätestens an diesem Punkt aber beschleicht einen
das Gefühl, dass hier etwas nicht mehr passen kann.
In gleicher Weise, wie wenn man sagt, dass Hirsutismus bei Frauen ein transsexuelles Körpermerkmal ist
und das ein Rollenverhalten welches nicht der sozialen Norm entspricht einen Transgender ausweist, würden
diese Betrachtungen das Transsexualität- und das Transgender-Verständnis sehr weit in die Gesellschaft
hinein tragen, viele Menschen damit in Berührung bringen und in der Folge den Umgang mit diesen Themen
beeinflussen und damit wiederum die sozialen Normen verschieben.
Eigentlich wird damit jedem vor Augen geführt, wie normal transsexuelle Merkmale und Transgender-Verhalten
sind und wie vielleicht jeder ein Stück davon selbst als Thema hat. Eigentlich perfekt – und weil es so perfekt
ist, wird sich die Gesellschaft auch auf diesen Punkt hin entwickeln.
Doch wird dies Alles nichts an der Tatsache ändern, das es Menschen geben wird, deren körperliche
Geschlechtsmerkmale oder deren an sie gestellte geschlechtliche Rollenerwartung nicht ihrem geschlechtlichen
Wesen entsprechen. Sind das dann „Ganz-transsexuelle Menschen“ oder „Ganz-Transgender“ oder vielleicht
alles nur „Norm-Wandler“?
Ich halte es für einen hervorragenden Ansatz, alle von der heterosexuellen Norm abweichenden Menschen
als Transgender zu bezeichnen – also auch schwule und lesbische Menschen. Das ist eine klare Aufforderung,
sich mit der Sinnhaftigkeit solcher Überbegriffen wie Transgender oder Trans* zu beschäftigen.
Dann brauchen wir kein LSBTTIQ mehr, denn dann reicht ein T. Dann erfahren auch andere Gruppen aus dem
Spektrum der Vielfalt, wie es ist, wenn man verschwindet – in der Ansprache, in der Definition, in den
Prozessen der Selbstfindung, in der Behandlung, in ihren eigenen Problemstellungen, im Verständnis der Gesellschaft.
Dann sind wir alle nur noch Menschen – alle gleich. Aber wollen wir alle gleich sein? Verliert dann das Individuum
an Bedeutung? Braucht es dann wieder Dinge, die uns individuell verschieden machen, Dinge die den Fokus wieder
auf die Eigenschaften der Menschen richten und damit auch einem gerecht werdenden Umgang mit dieser Vielfalt?
Genügt es z.B. besonders gut zeichnen zu können, besonders künstlerisch oder handwerklich begabt zu sein um
der Individualität gerecht zu werden – oder ist es jede Eigenart wert beachtet und genannt zu werden? Ich denke,
alles was es gibt ist auch Wahrheit und verdient seine bewusste und genannte Existenz – das gilt auch für
Menschen mit ihrer LSBATTIQ Thematik.