von seerose » 9. Dez 2018, 09:02
- Fortsetzung -
.....Und dann?
Zwei Jahre vergingen an die ich mich ehrlich gesagt kaum erinnere. Ich weiß dass in den ersten Monaten meine Stimme tiefer wurde, meine Potenz nie besser war und da unten was expandierte. Danach wird es nebulös in meinem Gedächtnis. Ich versuche es trotzdem zu rekonstruieren.
Es fing recht harmlos an. Ich schluderte beim Briefwechsel mit Gericht, MDK und der Krankenkasse. Bekam trotz allem Zusagen zu den OP´s, hatte die VÄ durch und der Termin für die Mastek wurde gesetzt. Ich stand in den Startlöchern und war auf einmal wie gelähmt. Nichts ging. Ich vergaß mir rechtzeitig die nächste Spritze zu besorgen. War durch den Wind ohne zu wissen wieso. War verwundert weil ich eigentlich glücklich hätte sein müssen. Dabei versank ich immer tiefer in Depressionen die irgendwann soweit reichten, dass ich weder für mein Studium noch für die Arbeit taugte. Ich machte alle Schotten dicht. Verlor meinen Job, meine Beziehung, viele Freunde und dümpelte in dem Delirium etwa eineinhalb Jahr rum.
Für mein Umfeld eine schlimme Zeit, für mich auch. Irgendwie. Aber irgendwie war ich nicht wirklich dabei. Totales Blackout. Die Schlüsselszene wo ich wieder "ich" war ist mir bestens hängen geblieben. Ich hatte einen Alptraum. Ich war ein Transmann der eigentlich Frau sein wollte. Schweißgebadet aufgeschreckt mit dem Gedanken "Zum Glück nur ein Traum!" bis ich so klar war um zu begreifen das dass meine Realität war und es mit "Was tu ich mir eigentlich an?" auf den Punkt brachte.
Ich kann es nicht anders deuten als eine Schutzreaktion. In den Monaten darauf wurde das Thema Trans komplett ausgeblendet. Weg ignoriert. Welt wunderte sich, ich mich nicht weil mir war so gut wie alles egal. Ich suchte mir Arbeit, zog in dem Kontext auch erst mal ans andere Ende von Deutschland um allen Schwulitäten aus dem Weg zu gehen und machte mich dran die letzten Jahren zu "resetten". Wenn wer fragte was denn los wäre und was ich den jetzt wäre, gab es die Einheitsantwort "Was auch immer!"
Ich war lange sehr wütend auf mich und was mich auch immer geritten hatte. Ich kam mir dumm und vorgeführt vor. Was hatte ich deswegen nicht alles verloren. Und noch schlimmer: Was habe ich damit meinem Umfeld angetan? Für nicht und wieder nichts? Das aller aller Schlimmste: Ich hatte keine Antworten wie und wohin es für mich gehen sollte. Ich kann nicht behaupten, dass ich von heute auf morgen wieder bewußt Frau sein wollte oder war. Das hat ewig gedauert. Auf dem Weg dahin gab es x Gespräche, Vor & Zurücks, Wenn & Aber. Irgendwann bei einem Blick im Spiegel gab es den Gedanken "Was ne schöne Frau!" und ich konnte nach langer Zeit mich endlich mal wieder lachen sehen. Seit dem Moment ging es Berg auf.
Die letzten zwei Jahre habe ich viel über mich gelernt. Ich will jetzt nicht die "Ursachen" für meinen Irrweg offen leg sonst wird das hier ein Buch und alle Antworten habe auch bis heute nicht allumfassend parat. So sehr ich es bereue mit solchen massiven Entscheidungen und Aktionen meine Umwelt überfallen zu haben. Aus jetziger Sicht wäre ich wahrscheinlich ohne das nicht die Person die ich heute bin. Und ich bin gerne so wie ich bin. Es hat dazu beigetragen das viele suggestieren, anerzogene und missinterpretierte Verhaltensregeln, Rollenverständnisse und Vorurteile von mir abgefallen sind. Ich habe mir mein "Frau sein" neu definiert und gestaltet. Es passt jetzt zu mir. Mi dem Abstand kann ich es schon mit Humor nehmen. Ich wunder mich noch an manchen Tagen. Aber es ist okay.
Wieso ich Euch mit dem Erlebten zutexte?
Einmal um damit abzuschließen. Wer über so etwas reden kann hat es glaube ich verarbeitet. Zum anderen...vielleicht wäre ich früher aus dieser Nummer ausgestiegen wenn es mehr Leute gegeben hätte die Trotz Indikation und dem Gefühl alles richtig zu machen doch das Falsche getan haben. Ich kannte damals vom Lesen nur zwei. Und bei zwei von tausenden redet Mann sich gerne ein das man selbst unter den tausenden bestimmt nicht einer dieser komischen Menschen ist die sich "vertan" haben. Ich habe hinterher mehr Rückkehrer kennen gelernt. Keiner von ihnen war komisch oder verrückt. Jeder hatte seine Gründe wieso er in den Irrglauben getappt ist.
Zudem muß ich nochmal festhalten, dass ich bei jedem Gutachten bei den absoluten Koryphäen in der Trans Diagnostik die Bank gedrückt habe. Ich habe mir nicht explizit die rausgepickt die dafür bekannt sind, mit positiven Gutachten um sich zu schmeißen. Ich habe es fünfmal Schwarz auf Weiß das ich Transsexuell bin und ich bin es nicht! Was mir persönlich zeigt: Der ganze Terror der psychologischen ärztlichen Begutachtung als Schutzmechanismus hat seine Daseinsberechtigung, aber selbst durch das Raster kann jemand flutschen. So wie ich.
Mein Anliegen an Euch...
Ich kenne es noch gut das Gefühl alles auf einmal und sofort, am besten gestern schon hinter mir haben zu wollen. Ich habe vorbildlich jedes Klischee eines Transmann Werdegangs erfüllt und mich bei jedem Schritt tatsächlich besser gefühlt. Bis zuletzt. Ich hatte sehr viel Glück das ich nur vier Monate Testosteron genommen hatte und sich eine VÄ einfacher rückgängig machen lässt als eine Mastek oder einen Aufbau. Trotzdem wünsche ich niemand den Weg zurück durchmachen zu müssen. Weder Euch als Betroffenen noch Eurem Umfeld. Deswegen lasst Euch ausreichend Zeit. Sucht Euch keine Gutachter die einfach zu handhaben sind. Bleibt bei Eurer Wahrheit und erzählt nichts was nicht stimmt und der Gutachter hören will!
Etwa 99% werden ihren Weg trotzdem gehen, selbst wenn er länger dauert. Dem einen kann es aber viel ersparen!
Alles Liebe Euch!
******
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So weit die Ausführungen der Rückkehrerin. Ich habe hier alles so übernommen wie ich dies übermittelt bekam, einschließlich formaler Fehler!
LGe Seerose
- Fortsetzung -
[b].....Und dann?[/b]
Zwei Jahre vergingen an die ich mich ehrlich gesagt [b][i]kaum erinnere[/i][/b]. Ich weiß dass in den ersten Monaten meine Stimme tiefer wurde, meine Potenz nie besser war und da unten was expandierte. Danach wird es nebulös in meinem Gedächtnis. Ich versuche es trotzdem zu rekonstruieren.
Es fing recht harmlos an. Ich schluderte beim Briefwechsel mit Gericht, MDK und der Krankenkasse. Bekam trotz allem Zusagen zu den OP´s, hatte die VÄ durch und der Termin für die Mastek wurde gesetzt. Ich stand in den Startlöchern und war auf einmal wie gelähmt. [b][i]Nichts ging[/i][/b]. Ich vergaß mir rechtzeitig die nächste Spritze zu besorgen. War durch den Wind ohne zu wissen wieso. War verwundert weil ich eigentlich glücklich hätte sein müssen. Dabei versank ich immer tiefer in Depressionen die irgendwann soweit reichten, dass ich weder für mein Studium noch für die Arbeit taugte. Ich machte alle Schotten dicht. Verlor meinen Job, meine Beziehung, viele Freunde und dümpelte in dem Delirium etwa eineinhalb Jahr rum.
Für mein Umfeld eine schlimme Zeit, für mich auch. Irgendwie. Aber irgendwie war ich nicht wirklich dabei. Totales Blackout. Die Schlüsselszene wo ich wieder "ich" war ist mir bestens hängen geblieben. Ich hatte einen Alptraum. Ich war ein Transmann der eigentlich Frau sein wollte. Schweißgebadet aufgeschreckt mit dem Gedanken "Zum [i][b]Glück nur ein Traum!"[/b][/i] bis ich so klar war um zu begreifen das dass meine Realität war und es mit [b][i]"Was tu ich mir eigentlich an?" [/i][/b]auf den Punkt brachte.
Ich kann es nicht anders deuten als eine Schutzreaktion. In den Monaten darauf wurde das Thema Trans komplett ausgeblendet. Weg ignoriert. Welt wunderte sich, ich mich nicht weil mir war so gut wie alles egal. Ich suchte mir Arbeit, zog in dem Kontext auch erst mal ans andere Ende von Deutschland um allen Schwulitäten aus dem Weg zu gehen und machte mich dran die letzten Jahren zu "resetten". Wenn wer fragte was denn los wäre und was ich den jetzt wäre, gab es die Einheitsantwort [b][i]"Was auch immer!"
[/i][/b]
Ich war lange sehr wütend auf mich und was mich auch immer geritten hatte. Ich kam mir dumm und vorgeführt vor. Was hatte ich deswegen nicht alles verloren. Und noch schlimmer: Was habe ich damit meinem Umfeld angetan? Für nicht und wieder nichts? Das aller aller Schlimmste: Ich hatte keine Antworten wie und wohin es für mich gehen sollte. Ich kann nicht behaupten, dass ich von heute auf morgen wieder bewußt Frau sein wollte oder war. Das hat ewig gedauert. Auf dem Weg dahin gab es x Gespräche, Vor & Zurücks, Wenn & Aber. Irgendwann bei einem Blick im Spiegel gab es den Gedanken "Was ne schöne Frau!" und ich konnte nach langer Zeit mich endlich mal wieder lachen sehen. Seit dem Moment ging es Berg auf.
Die letzten zwei Jahre habe ich viel über mich gelernt. Ich will jetzt nicht die "Ursachen" für meinen Irrweg offen leg sonst wird das hier ein Buch und alle Antworten habe auch bis heute nicht allumfassend parat. So sehr ich es bereue mit solchen massiven Entscheidungen und Aktionen meine Umwelt überfallen zu haben. Aus jetziger Sicht wäre ich wahrscheinlich ohne das nicht die Person die ich heute bin. Und ich bin gerne so wie ich bin. Es hat dazu beigetragen das viele suggestieren, anerzogene und missinterpretierte Verhaltensregeln, Rollenverständnisse und Vorurteile von mir abgefallen sind. Ich habe mir mein "Frau sein" neu definiert und gestaltet. Es passt jetzt zu mir. Mi dem Abstand kann ich es schon mit Humor nehmen. Ich wunder mich noch an manchen Tagen. Aber es ist okay.
Wieso ich Euch mit dem Erlebten zutexte?
Einmal um damit abzuschließen. Wer über so etwas reden kann hat es glaube ich verarbeitet. Zum anderen...vielleicht wäre ich früher aus dieser Nummer ausgestiegen wenn es mehr Leute gegeben hätte die Trotz Indikation und dem Gefühl alles richtig zu machen doch das Falsche getan haben. Ich kannte damals vom Lesen nur zwei. Und bei zwei von tausenden redet Mann sich gerne ein das man selbst unter den tausenden bestimmt nicht einer dieser komischen Menschen ist die sich "vertan" haben. Ich habe hinterher mehr Rückkehrer kennen gelernt. Keiner von ihnen war komisch oder verrückt. Jeder hatte seine Gründe wieso er in den Irrglauben getappt ist.
Zudem muß ich nochmal festhalten, dass ich bei jedem Gutachten bei den absoluten Koryphäen in der Trans Diagnostik die Bank gedrückt habe. Ich habe mir nicht explizit die rausgepickt die dafür bekannt sind, mit positiven Gutachten um sich zu schmeißen. Ich habe es fünfmal Schwarz auf Weiß das ich Transsexuell bin und ich bin es nicht! Was mir persönlich zeigt: Der ganze Terror der psychologischen ärztlichen Begutachtung als Schutzmechanismus hat seine Daseinsberechtigung, aber selbst durch das Raster kann jemand flutschen. So wie ich.
[i][b]Mein Anliegen an Euch...
[/b][/i]
Ich kenne es noch gut das Gefühl alles auf einmal und sofort, am besten gestern schon hinter mir haben zu wollen. Ich habe vorbildlich jedes Klischee eines Transmann Werdegangs erfüllt und mich bei jedem Schritt tatsächlich besser gefühlt. Bis zuletzt. Ich hatte sehr viel Glück das ich nur vier Monate Testosteron genommen hatte und sich eine VÄ einfacher rückgängig machen lässt als eine Mastek oder einen Aufbau. Trotzdem wünsche ich niemand den Weg zurück durchmachen zu müssen. Weder Euch als Betroffenen noch Eurem Umfeld. Deswegen lasst Euch ausreichend Zeit. Sucht Euch keine Gutachter die einfach zu handhaben sind. Bleibt bei Eurer Wahrheit und erzählt nichts was nicht stimmt und der Gutachter hören will!
Etwa 99% werden ihren Weg trotzdem gehen, selbst wenn er länger dauert. Dem einen kann es aber viel ersparen!
Alles Liebe Euch!
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[size=85]So weit die Ausführungen der Rückkehrerin. Ich habe hier alles so übernommen wie ich dies übermittelt bekam, einschließlich formaler Fehler!
LGe Seerose[/size]